Belarus-Krise

Weißrussland: Grenzschließungen bleiben vorerst aus

imago images/Russian Look
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Staatschef Lukaschenko hatte am Donnerstag Sperren gegen Polen und Litauen wegen dortiger „Kriegstreiberei" gegen sein Land angekündigt. Am Freitag waren die Grenzen nach wie vor geöffnet.

Der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko hat Polen und Litauen am Freitag „Kriegstreiberei" vorgeworfen, die von ihm deshalb zuvor angekündigten Grenzschließungen aber zunächst nicht vollziehen lassen: Die Grenzen zu beiden Nachbarländern blieben am Freitag offen.

Lukaschenko (66) hatte Polen und Litauen am Donnerstag vorgeworfen, sich auf einen Krieg gegen Weißrussland vorzubereiten. Den beiden "gehen die Tricks aus, bevor sie einen heißen Krieg beginnen", sagte der Staatschef laut amtlicher Nachrichtenagentur Belta bei einer Rede in Minsk. Er sei daher "gezwungen", die halbe Armee zu mobilisieren und "die Grenzen nach Westen zu schließen, vor allem zu Litauen und Polen".

Der belarussische Grenzschutz teilte am Freitag mit, die Kontrollen verschärft und "taktische Verstärkungen" vorgenommen zu haben. Die Grenzübergänge seien aber weiter für Ein- und Ausreisen geöffnet.

An der polnisch-belarussischen Grenze erklärte ein Beamter gegenüber Reuters am Freitag, dass die Ein- und Ausreise weiterhin möglich sei. „Die Grenze ist offen, es gibt keine Unterbrechung“, sagte der anonym zitierte Beamte. Auch der Grenzverkehr mit Litauen lief normal weiter. „Die Situation an der Staatsgrenze hat sich über Nacht nicht wesentlich geändert", sagte der Leiter des litauischen Grenzschutzes, Rustamas Liubajevas, am Freitag der Agentur BNS. „Natürlich verlangsamte sich über Nacht der Grenzverkehr etwas, aber Fahrzeuge und Menschen überqueren weiter die Staatsgrenze". Auch belarussische Grenzer bestätigten, dass die Staatsgrenze offen sei.

Präsidentschaftskandidatin und Lukaschenko-Opponentin Swetlana Tichanowskja sagte, dass Lukaschenkos Entschluss zeige, dass er in einer „Traumwelt“ lebe und den Bezug zur Realität verloren habe. Belarus' Nachbarn würden keine Gefahr für das Land darstellen, erklärte sie auf dem Messengerdienst Telegram. „Hört nicht auf das, was Lukaschenko sagt. Er hat jegliches Vertrauen verloren. Alle unsere Nachbarn sind unsere Freunde. Alle Belarussen sind ein Volk.“

Nato hält Übungen in Litauen und der Ukraine ab

An der südlichen Staatsgrenze hingen zuletzt Hunderte ultraorthodoxe jüdische Pilger fest, die wegen eines durch Kiew verhängten Einreisestopps nicht in die Ukraine einreisen dürfen. Sie wollten am jüdischen Neujahrsfest zum Grab des Rabbi Nachman pilgern.

Zu den Menschen in den drei Nachbarländern sagte der weißrussische Präsident bei einem Frauenforum: „Stoppt eure verstandslosen Politiker, lasst sie keinen Krieg entfesseln.“

In Litauen und der Ukraine werden derzeit Militärmanöver mit Nato-Truppen abgehalten; es geht allerdings nur um etwa 1000 Mann in Litauen und 4000 bis 5000 in der Ukraine, beides stellt keine ernstliche Offensivfähigleit dar. Parallel dazu trainiert die weißrussische Armee mit russischen Streitkräften im Westen von Belarus an der EU-Grenze. Dieses Manöver wird Lukaschenko zufolge verlängert. Angesichts der aktuellen Situation werde es eine zweite Phase geben, sagte er. Ursprünglich sollte die Übung Freitag nächster Woche beendet sein.

APA/AFP/PETRAS MALUKAS

Seit der Präsidentenwahl in Weißrussland am 9. August kommt es jeden Tag zu Protesten. Lukaschenko ließ sich 80,1 Prozent der Stimmen zusprechen und will nun eine sechste Amtszeit antreten. Die Sicherheitskräfte gehen hart gegen Demonstranten vor. Lukaschenko meinte vor den Frauen in Minsk: „Wissen Sie, ich bin kein Angreifer, ich bin ein sehr friedlicher Mensch. Ich bin im Dorf aufgewachsen, wo jeder den anderen verteidigte."

(APA/dpa/Reuters)

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