Grenzgebiet Russland/Ukraine

Putin nennt Überfall im Gebiet Brjansk "Terroranschlag"

Wladimir Putin sprach selbst von dem Vorfall in Brjansk.
Wladimir Putin sprach selbst von dem Vorfall in Brjansk.via REUTERS
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Militante Rechtsextremisten düften hinter einem bewaffneten Angriff auf ein grenznahes russisches Dorf stehen. In einem Video rufen sie zum Kampf gegen das Putin-Regime auf.

Moskau/Wien. Seit Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine häufen sich im verschlafenen russischen Grenzgebiet Brjansk die Zwischenfälle: Grenznahe Dörfer sind dem Beschuss der Kriegsparteien ausgesetzt. Ukrainische Drohnen greifen Ziele an. Jüngst nutzte das russische Militär die Oblast Brjansk als Startplatz für einen Drohnenangriff auf die Ukraine. Doch was sich am Donnerstag in dem Gebiet ereignete, stellt alle bisherigen Sicherheitsprobleme in den Schatten.

In das Dorf Ljubetschane, weniger als einen Kilometer von der russisch-ukrainischen Grenze entfernt, drangen aus der Ukraine kommende Bewaffnete ein. Sie brachten mehrere öffentliche Einrichtungen in ihre Gewalt und hielten Menschen fest. Laut dem Gouverneur von Brjansk, Alexander Bogomas, sollen sie ein Auto beschossen und dabei einen Menschen getötet sowie ein elfjähriges Kind verletzt haben. Später war von einem zweiten Todesopfer die Rede.

In Folge dürfte es zu Gefechten mit russischen Sicherheitskräften gekommen sein. Die Bewaffneten zogen sich schließlich wieder zurück. Im Dorfgebiet sollen Sprengsätze unterschiedlichen Typs gefunden worden sein. Entminungsarbeiten seien im Gang, hieß es vonseiten des Inlandsgeheimdienstes FSB.

Moskau spricht von „ukrainischen Saboteuren"

Laut offizieller Darstellung sollen „ukrainische Saboteure“ für den Überfall verantwortlich sein. Präsident Wladimir Putin verurteilte in einer ungewöhnlich schnellen Reaktion am Donnerstag den „Terroranschlag“. „Sie haben das Feuer auf Zivilisten eröffnet“, sagte er im Rahmen einer Rede zum Jahr des Pädagogen. Der russische Präsident machte für den Beschuss die Führung in Kiew verantwortlich, die er einmal mehr als vermeintliche „Neonazis" darstellte. Diese versuchten mit Gewalt, Russland seine historische Identität und Sprache zu rauben, behauptete der 70-Jährige. „Aber ich wiederhole mich: Es wird ihnen nicht gelingen, und wir werden sie zerquetschen.“ Eine geplante Reise nach Pjatigorsk in Südrussland sagte er ab. Der Kreml-Chef könnte den Vorfall dazu nutzen, um seinen repressiven Kurs, eine abermalige Eskalation im Krieg oder eine neue Mobilisierungswelle zu rechtfertigen.

Russische Rechtsextreme als Täter

Der Berater des ukrainischen Präsidenten, Mychailo Podoljak, bestritt, dass die Ukraine russisches Staatsgebiet angreife oder Sabotage-Gruppen einschleuse. Das Dorf in der Brjansker Oblast sei „kein strategisches Objekt“, eine Attacke sei nicht sinnvoll.

Verantwortlich für den Angriff dürften indes russische Rechtsextreme sein, die als „Russisches Freiwilligenkorps“ auf Seiten der Ukraine kämpfen. In einer vor Ort gedrehten Videobotschaft erklären die Männer, dass sie sich als „Befreiungsarmee“ verstünden. Sie rufen die Russen auf, die Waffen gegen das „blutige“ Putin-Regime zu ergreifen.

Die fragwürdige Aktion im Dorf Ljubetschane wirkt wie eine PR-Aktion in eigener Sache. Sie wird wohl kaum die apathischen russischen Massen aufrütteln. Der Kreml dürfte sie allerdings in eigener propagandistischer Absicht zu nutzen wissen. Der Vorfall illustriert zudem, dass Putins kriegerische Aggression die Radikalisierung seiner Gegnerschaft vorangetrieben hat. Bewaffnete Angriffe auf russischem Territorium, ausgeführt von Menschen, die sich als Russen verstehen, sind eine neue Entwicklung.

(APA/dpa)

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