Kurz sucht Verbündete für EU-Asylstrategie

Horst Seehofer und Sebastian Kurz
Horst Seehofer und Sebastian Kurz(c) APA/dpa/Michael Kappeler
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Österreichs Bundeskanzler will sich in Berlin und Paris Unterstützung für einen entschlossenen Kurs in der Migrationsfrage sichern. Ein Auftritt in der TV-Talkshow „Anne Will“ fällt wegen der Maaßen-Affäre aus.

Wien/Berlin. Bis zum informellen EU-Gipfel in Salzburg am Donnerstag dieser Woche sollen Fortschritte in der festgefahrenen Migrationskrise erzielt werden: So hatte Sebastian Kurz sich das gewünscht. Schon beim EU-Gipfel Ende Juni hatten die Staats- und Regierungschefs sich auf sogenannte Anlandeplattformen für gerettete Migranten außerhalb der EU geeinigt; bisher aber hat sich kein einziges Land gefunden, das in dieser Frage mit der EU kooperieren will.

Wohl auch aus diesem Grund reiste Kurz vor seinem Besuch in den einflussreichsten EU-Hauptstädten Berlin (Sonntagabend) und Paris (Montagvormittag) kurzfristig nach Kairo: Schon öfter hatte der Kanzler betont, dass die Zusammenarbeit in der Flüchtlingsfrage mit Ägypten gut funktioniere und weiter ausgebaut werden solle. Am Sonntagvormittag traf er den ägyptischen Staatschef, Abdel Fattah al-Sisi.

In den geplanten Anlandeplattformen soll es – geht es nach Kurz – keine Möglichkeit geben, um Asyl in der EU anzusuchen. Stattdessen wird auf eine verbesserte Kooperation mit den Herkunftsländern dabei gesetzt, Flüchtlinge wieder zurückzunehmen.

Während die heimische Regierung vor allem auf Außengrenzschutz und Bekämpfung der illegalen Migration setzt, ist für Kurz' Gastgeber Merkel und Macron auch die Solidarität innerhalb der EU essenziell: Das betonten die beiden bei einem Treffen Anfang September in Marseille. Migration solle „eine Chance“ sein, ergänzte Macron. Ein fairer Verteilmechanismus innerhalb der EU aber ist bisher am Unwillen vor allem osteuropäischer EU-Mitglieder gescheitert.

Deutsche Grüne kritisieren Kurz

Die deutschen Grünen kritisierten Kurz im Vorfeld des Besuchs in Berlin für seine Migrationspolitik. Er müsse entscheiden, ob er „bei einer Koalition der Anständigen“ dabei sein wolle oder „lieber mit Orbán, Seehofer und Co. nur blockiert“, sagte die europapolitische Sprecherin, Franziska Brantner, in Anspielung auf die harte migrationspolitische Linie des offiziellen Ungarn und Bayern. Kurz traf Merkel zudem in einer innenpolitisch brenzligen Situation: Der Streit um Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen hat unter den Regierungsparteien starke Spannungen verursacht, bis hin zu Spekulationen über einen möglichen Bruch – auch wenn Merkel die Koalition offiziell „nicht in Gefahr“ sieht. Bis Dienstag wurde in der Causa Stillschweigen vereinbart.

Maaßen war heftig kritisiert worden, weil er öffentlich Zweifel an Hetzjagden gegen Ausländer durch rechtsextreme Demonstranten Ende August im ostdeutschen Chemnitz angemeldet hatte. Damit widersprach er offen diesbezüglichen Äußerungen von Regierungssprecher Steffen Seibert.

Der Koalitionsstreit dürfte offenbar indirekt auch die Planungen des Bundeskanzlers beeinflusst haben: Ursprünglich war für den Sonntagabend eine Diskussion von Kurz in der ARD-Talksendung „Anne Will“ mit dem deutschen Grünen-Chef Robert Habeck geplant. Doch aufgrund der Krise in der deutschen Regierung sei der Auftritt von Kurz „auf einen noch nicht bekannten Termin verschoben“ worden, hieß es aus der „Anne Will“-Redaktion auf APA-Anfrage.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.09.2018)

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