Die Rumänin Plumb und der Ungar Trócsányi erhalten wegen Interessenkonflikten keine Anhörung und müssen ersetzt werden.
Wien/Brüssel. Sie haben es nicht einmal in die offiziellen Anhörungen geschafft: die rumänische Kandidatin für die Europäische Kommission, Rovana Plumb, und der ungarische Kandidat, László Trócsányi, sind vom Europaparlament schon vorab abgelehnt worden. Das wurde am Donnerstag nach einer Tagung des Rechtsausschusses bekannt, welcher die Sozialdemokratin und den Fidesz-Politiker geladen hatte. Ihnen könnten noch weitere Anwärter aus dem Team der designierten Kommissionspräsidentin, Ursula von der Leyen, folgen. Denn so wie im Fall von Plumb laufen gegen mehrere Kandidaten Ermittlungen.
Die Rumänin Plumb ist unter anderem über eine ungeklärte Parteifinanzierung gestolpert. In einer schriftlichen Antwort räumte die als Verkehrskommissarin vorgesehene Rumänin ein, eine Spende von umgerechnet fast 170.000 Euro an ihre regierende sozialdemokratische Partei nicht angegeben zu haben. Sie sollte der Finanzierung des Wahlkampfs dienen. Plumb hatte das Geld als Kredit von einer ungenannten Privatperson erhalten.
Orbáns Vertrauensmann abgelehnt
Auch der ungarische Christdemokrat László Trócsányi war am Donnerstag vor den Rechtsausschuss geladen. Er war als Erweiterungskommissar vorgesehen gewesen. Trócsányi war als Justizminister von 2013 bis 2018 einer der Architekten der umstrittenen ungarischen Justizreformen, kraft derer Ministerpräsident Viktor Orbán seine Machtposition festigen konnte. Schließlich stimmte der Ausschuss mit elf zu neun Stimmen gegen ihn. Er habe nicht überzeugend darlegen können, welche Beziehungen er zu seiner alten Anwaltskanzlei pflege. In Brüssel gab es Hinweise darauf, dass mit Plumb und Trócsányi die umstrittensten Kandidaten vorab ausgeschieden werden sollten. Die offiziellen Anhörungen beginnen am Montag. Obwohl damit versucht wurde, den Druck auf das restliche Kommissarsteam zu nehmen, wird damit gerechnet, dass Kandidaten weiterer politischer Gruppen penible Anhörungen werden durchstehen müssen. Dies könnte zum Beispiel den liberalen Belgier Didier Reynders treffen. Der frühere Finanz- und Justizminister ist mit einer Untersuchung über Vorwürfe der Geldwäsche konfrontiert. Er wäre als Justizkommissar vorgesehen.
Polnischer Kandidat bleibt im Rennen
Einer der Wackelkandidaten konnte am Donnerstag die erste Hürde im Bestellungsverfahren nehmen: Der Pole Janusz Wojciechowski bekam vom Rechtsausschuss grünes Licht für seine formelle Anhörung nächste Woche. Gegen ihn läuft eine Untersuchung der EU-Antibetrugsbehörde Olaf wegen möglicher Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung von Reisekosten in seiner Zeit als Europaabgeordneter. Der designierte Agrarkommissar sprach von einem Versehen und hat dem Europaparlament für den Zeitraum von 2009 bis 2011 wegen fehlender Belege bereits 11.250 Euro zurückerstattet.
Für eine weitere problembehaftete Kandidatin ist dies eine erleichternde Nachricht. Denn die französische Liberale Sylvie Goulard (für Industrie, Binnenmarkt und Verteidigungsindustrie vorgesehen) wird ebenfalls wegen Unregelmäßigkeiten bei der Spesenabrechnung in ihrer Zeit im Europaparlament von Olaf untersucht.
Den Beschluss über die Ablehnung der ersten beiden Kandidaten hat der Rechtsausschuss des Parlaments von der Leyen schriftlich übermittelt. Es liegt nun an der künftigen Kommissionspräsidentin, mit den betroffenen Regierungen ein weiteres Vorgehen zu beraten. In Brüssel wird damit gerechnet, dass Bukarest und Budapest relativ rasch Ersatzkandidaten nominieren.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.09.2019)