Deutschland: Empörung wegen Gaffern nach Unfall

Schaulustige sollen laut Polizei nach einem tödlichen Unfall einen Wagen der Rettung aufgemacht haben. Diese dementiert. Die Empörung ist dennoch enorm.

Pforzheim. Für Riesenwirbel gerade im Internet sorgte am Donnerstag eine Meldung: Nach einem Unfall auf der Autobahn A8 nahe Pforzheim (Baden-Württemberg), bei dem am Mittwoch ein Lkw-Fahrer starb, seien Schaulustige zum Rettungsauto vorgedrungen, hätten es geöffnet und hineinfotografiert.

Laut ersten Erkenntnissen der Polizei wollten sie den Mann (59) aus der Nähe betrachten und fotografieren, Beamte sprachen von „unschönen Szenen“ und suchten Zeugen dafür. Da man alle Hände voll zu tun gehabt habe, habe man die Personen nicht stellen und identifizieren können. Der Lkw-Fahrer ist zuvor mit seinem Sattelzug auf einen anderen Lkw am Ende eines Staus aufgefahren.

Das Deutsche Rote Kreuz indes stellte die Schilderung der Polizei überraschend als irrig dar. Laut einer Pressesprecherin kamen Gaffer einem Rettungsauto zwar nahe; doch darin sei ein Verletzter behandelt worden, und niemand habe versucht, die Tür zu öffnen. Allerdings hätten Schaulustige von einer Anhöhe aus in einen Rettungswagen gestarrt.

Phänomen ufert aus

Laut der Sprecherin sei ein Missverständnis wahrscheinlich: Zu Focus Online sagte sie, dass eine Retterin nach 30 Minuten Reanimation erschöpft aus dem Rettungsauto gestiegen sei und in einem Nebensatz zu einem Polizisten gesagt habe, es würde jetzt nur noch fehlen, dass Gaffer in den Rettungswagen einsteigen würden.

Die Polizei räumte später ein, man werde den Sachverhalt prüfen. Ganz sicher hätten aber viele Gaffer vor Ort massiv gestört. Auch sei die Bergung der Leiche schwierig gewesen, man habe das nicht unbeobachtet machen können, es seien Menschen herangekommen und hätten gestarrt, obwohl man sie des Orts verwiesen habe. Ein Rettungswagen habe sogar wegen Gaffern nicht umparken können.

In Deutschland und Österreich hat es in jüngster Zeit eine Häufung solcher Vorfälle gegeben – auch abseits von Verkehrsunfällen, etwa, als Fußgänger kollabierten und die Rettung sich um sie bemühte. (ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.01.2019)

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