„Was Lehrer machen, ist ehrenwert“

David Schwarzbauer
David Schwarzbauer(c) Michele Pauty
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Der Lehrer David Schwarzbauer bloggt seit Kurzem für DiePresse.com. Er spricht über die richtigen und die falschen Themen in der Bildung – und erzählt, wie es ist, sich zu exponieren.

Wien. Bildungspolitische Diskussionen werden allzu oft von Menschen bestimmt, die nie unterrichtet haben. Der AHS-Lehrer David Schwarzbauer bloggt unter dem Titel „Aus der Lernvollzugsanstalt“ seit kurzer Zeit für DiePresse.com und versucht, den Blickwinkel auf die Klassenzimmer zu lenken.

Die Presse: Herr Schwarzbauer, sind Sie ein guter Lehrer?

David Schwarzbauer: Meine Maxime ist, den Schüler in den Mittelpunkt zu stellen. Ich glaube schon, dass zumindest die Richtung eine gute ist.

Würden Sie sagen, dass Lehrer auch Bildungsexperten sind?

Wer ist schon wirklich ein Experte? Nach der Ausbildung ist man sicher noch keiner. Wichtig ist, eigene Erfahrungen zu sammeln. In der Bildung melden sich viele zu Wort, die zu wissen glauben, wie es geht. Und problematisch wird es, wenn dann Dinge umgesetzt werden, die irrelevant sind. Oder wenn viel Geld ausgegeben wird, das man andernorts viel besser brauchen könnte.

In der Politik wird zumeist über die Lehrerarbeitszeit und die Gesamtschule gestritten. Sind das die richtigen, wichtigen Themen?

Ich kann schon verstehen, dass Menschen diese Themen aufgreifen. Ich habe aber ein Problem damit, wie unreflektiert oft damit umgegangen wird. Bei der Arbeitszeit liest man immer wieder, dass der Lehrerjob ein Halbtagsjob ist. Das trifft nicht zu. Bei der Gesamtschule verstehe ich, dass eine Diskussion notwendig ist – aber sie sollte nicht als die Lösung für unser Bildungsproblem verkauft werden.

Was sind die richtigen Themen?

Wir sollten uns überlegen, wie unsere Kinder am besten lernen können und nicht, welche ideologische Schiene auf unsere Gesellschaft passt. Das vermisse ich oft. Die zentrale Frage muss immer sein: Hilft das dem Kind, um zu lernen und zu wachsen? Wenn es um PISA geht, sollte man darüber sprechen, welche positiven Auswirkungen eine Teilnahme darauf haben kann. Alle Bestrebungen der Bildungspolitik müssen letztlich auf das Lernen ausgerichtet sein. Aus der groß angelegten Bildungsstudie von John Hattie wissen wir, dass ganz viele Dinge, die bei uns stark diskutiert werden, nur einen geringen Effekt auf das Lernen haben.

Zentral ist laut dieser Studie dagegen der Lehrer.

Ja, in vielen Fällen ist das der Lehrer und seine Beziehung zu den Schülern. Und wie sehr der Schüler lernt, selbstreflektiert zu lernen.

Es gibt Lehrer, die aus Angst vor abschätzigen Kommentaren ihren Beruf verschweigen. Können Sie das nachvollziehen?

In Österreich tut mir jeder Lehrer leid, der das glaubt, was über ihn gesagt wird. Ich verstehe zwar Eltern, die sich über einen Lehrer ärgern, der nicht engagiert ist. Das ist aber eine sehr kleine Zahl. Und Lehrer haben es auch nicht einfach: Es sind immer mehr Aufgaben zu bewältigen, aber gleichzeitig stehen immer weniger pädagogische Mittel zur Verfügung. Man muss Schüler mittlerweile schon fast höflich fragen, ob man ihnen eine Hausübung geben darf.

Sie verschweigen den Beruf nicht, im Gegenteil: Sie bloggen auf DiePresse.com darüber. Wie ist es denn, sich so zu exponieren?

Bisher gut. Es ist mir schon bewusst, dass viel über das diskutiert werden wird, was ich schreibe, aber das ist ja auch der Sinn der Sache. Ich will meinen Input zu den Themen geben, die in einer Expertendiskussion nicht immer berücksichtigt werden. In der Öffentlichkeit zu stehen, hat immer den Vorteil, dass man Gehör findet. Die Herausforderung ist, dass man auf viel Gegenwind stößt.

Was erwarten Sie da?

Man ist als Lehrer natürlich auch sehr angreifbar. Mir wird genau auf die Finger geschaut. Und wenn ich einen Rechtschreibfehler mache, werden sicher manche die Nase rümpfen, weil ich es als Lehrer ja besser wissen sollte.

Gibt es etwas, was Sie besonders herausstreichen wollen?

Ich liebe es, in der Klasse zu stehen und möchte einfach den Beruf ein wenig beleuchten. Und meinen Teil dazu beitragen, dass die Leute verstehen, dass wir auch eine Daseinsberechtigung haben. Mehr noch: dass das, was wir machen, eigentlich ehrenwert ist.

Wie reagieren andere Lehrer und Eltern?

Ich habe schon viel positives Feedback und Anregungen bekommen. Viele finden es gut, dass sich ein Lehrer in die öffentliche Diskussion einbaut. Bisher war es überwiegend positiv. Ich hoffe, dass es so weitergeht.

Und was sagen Ihre Schüler?

Nur ein paar wissen es, und die haben noch nicht so viel gesagt. Lustig ist, dass sie bei ihrer Abschlussprüfung unter Umständen einen Blogeintrag schreiben müssen. Dann sitzen wir im selben Boot.

ZUR PERSON

David Schwarzbauerbloggt seit Mitte Mai ein- bis zweimal pro Woche unter diepresse.com/lernvollzugsanstalt über das Unterrichten und alles, was damit zusammenhängt. Die Beiträge reichen von der Frage der „unbezahlten Nachhilfe“ durch die Eltern bis zur Beurteilung der Ansprüche der Zentralmatura. Der 38-Jährige unterrichtet seit 2006 Englisch und Deutsch an verschiedenen Wiener Gymnasien.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.05.2014)

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