Nachhaltigkeit umfassend bewerten

Verschiedenste Materialien in Betracht zu ziehen ist ein wichtiges Element des Verpackungstechnologie- Studiums an der FH Campus Wien.
Verschiedenste Materialien in Betracht zu ziehen ist ein wichtiges Element des Verpackungstechnologie- Studiums an der FH Campus Wien.APA-Fotoservice/Ludwig Schedl
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Das für 2020 angesagte Aus für Plastiksackerln ist eine Herausforderung für die Verpackungsindustrie. Die Ökologisierung ist in der Branche in Forschung und Lehre ein großes Thema, Plastikverzicht ist hier nur ein Aspekt.

„Wenn wir von Verpackungsherstellung sprechen, dann reden wir neben der ökonomischen und technischen Seite vor allem auch über die ökologische Bedeutung“, sagt Manfred Tacker, Studiengangsleiter für Verpackungstechnologie und nachhaltiges Ressourcenmanagement an der FH Campus in Wien. „Es wird immer wichtiger, Verpackungen zu entwickeln, die geringeres Gewicht aufweisen und deren Rezyklierbarkeit garantiert ist“, sagt der Experte. Neue Verpackungen zu erfinden und zu optimieren, ist Inhalt des besagten Bachelorstudiums.

Umfassende Ausbildung

Die Studenten lernen, Verpackungen herzustellen, einzusetzen und sie zu rezyklieren, sowie die wirtschaftlichen Grundlagen, Qualitätssicherung und rechtlichen Rahmenbedingungen. „Was unsere Studenten lernen, ist, systematisch zu denken und zu bewerten, ob eine Verpackung nachhaltig ist oder nicht“, sagt Tacker. Freilich, skurril sei es, Bananen einzeln zu verpacken. Die Studenten müssten lernen, neben Kunststoff auch Glas, Papier, Aluminium, Stahl, Holz oder biologisch abbaubare Materialien für Verpackung heranzuziehen. Aber: „Kunststoff ist für bestimmte Produkte wichtig, es wäre sinnlos, diesen zu ersetzen. Man muss unterscheiden und beurteilen, wann ein Einsatz sinnvoll ist.“ Das größere Umweltproblem sei eher, dass Lebensmittel verderben. Laut Tacker beinahe 30 Prozent. „Kunststoff – ja oder nein: Das geht komplett am Thema vorbei. Die Verpackung muss in erster Linie dazu beitragen, Lebensmittel am Verderb zu hindern.“

Was sie im Bachelorstudium erlernt haben, können Studenten im berufsbegleitenden Masterstudium Packaging Technology and Sustainability fortführen. Hier lernen sie aktuelle Trends kennen und vor allem, sich auf internationalen Märkten zu behaupten und die Verpackungstechnik als globale Fragestellung anzugehen. Schließlich produzierten die Weltmarktführer überall, sagt Tacker. „In Indien herrschen andere Rahmenbedingungen als in Österreich.“

„Studenten müssen lernen, kritisch zu denken und Methoden zu entwickeln, wenn es um das Management von Ressourcen und Abfällen geht“, sagt Johann Fellner von der TU Wien. Er ist Leiter des Lehrgangsteils Abfall und Ressourcenmanagement im zweijährigen Lehrgang Environmental Technology and International Affairs (ETIA), den die TU Wien in Kooperation mit der Diplomatischen Akademie anbietet. Das fächerübergreifende Masterstudium ist rund um das Thema Umweltschutz angelegt und verbindet technisches und ökologisches Know-how mit umweltpolitischem und wirtschaftlichem Wissen sowie einer Spezialausbildung in internationalen Beziehungen. In der Lehre sollen Beispiele aufgegriffen und kritisch diskutiert werden. Darunter das Aus für Plastiksackerln. „Wenn ich Plastik als schlecht beschreibe, muss ich mir die Funktionen von Plastik vor Augen führen und mir überlegen, was es aus klimatischer und energetischer Sicht bedeutet, wenn Materialien verboten werden. Wie kann eine moderne Gesellschaft ohne Plastik funktionieren? Jedes Stromkabel ist mit Plastik isoliert. Lebensmittel, die mit Plastik verpackt werden, sind länger haltbar, dadurch hat man weniger Foodwaste, da muss man klar differenzieren. Diese Beispiele müssen in der Lehre kritisch diskutiert werden“, sagt Fellner. ETIA-Studenten kommen aus der Technik, sind Juristen oder auch Politikwissenschaftler und Germanisten. Im Masterstudiengang lernen sie nicht, Verpackungen herzustellen, sondern diplomatische Fähigkeiten sowie technische und ökologische Grundlagen. „Unsere Absolventen sollen ein Grundverständnis dafür entwickeln, wie Technik und Ökologie zusammen funktionieren“, sagt Fellner. Seine Absolventen sieht er etwa bei der UNO in Umweltausschüssen oder in Ausschüssen des Europäischen Parlaments.

Näher an der konkreten Verpackung ist das Wiener OFI (Österreichisches Forschungsinstitut), das sich unter anderem mit Forschung und Prüfung von Lebensmittelverpackungen und Wechselwirkungen zwischen Verpackungen und Füllgut beschäftigt.

Firmeninterne Weiterbildung

Das ÖFI bietet Workshops für die firmeninterne Weiterbildung an. Das Aus für Plastiksackerln spiegle den Trend wieder, Verpackungen zu minimieren. „Keine einfache Aufgabe“, sagt Michael Washüttl, Leiter des Fachbereichs Verpackung und Lebensmittel am OFI: „Es ist eine Gratwanderung, Verpackungen zu reduzieren und dabei das Lebensmittel weiterhin bestmöglich zu schützen. Mit unserer Expertise unterstützen wir die Branche dabei, die Aufgabe der Verpackung zu verstehen und im Unternehmen umzusetzen.“ Inhalte der Inhouse-Schulungen: Verpackungs-Lebensmittelrecht, Grundlagen der Kunststofftechnik, aktive und intelligente Verpackungen sowie Bioverpackungen und nachhaltige Verpackungslösungen. Teilnehmer sind Mitarbeiter von Verpackungs- oder Lebensmittelherstellern, vom Qualitätsmanager bis zum Geschäftsführer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.12.2018)

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