Verkehr

Anders, aber nicht schlechter?

Mehr noch als Corona befördert die Klimakrise die Elektromobilität. Das technische und ökonomische Wissen dazu wird etwa an der FH Campus Wien vermittelt.
Mehr noch als Corona befördert die Klimakrise die Elektromobilität. Das technische und ökonomische Wissen dazu wird etwa an der FH Campus Wien vermittelt.(c) office@ludwigschedl.com
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Die Mobilität war schon vor Corona im Wandel. Einschränkungen bringen weitere Impulse. Postgraduale Lehrgänge vermitteln Wissen, um die Veränderung zu gestalten.

Wenn sich am 15. Juni die Grenze zu Deutschland wieder öffnet, freut sich vor allem die Tourismusbranche. Doch es stellt sich die Frage: Werden  die Erkenntnisse der zurückliegenden Wochen etwas an der künftigen Art des Reisens ändern? „Wir werden eine andere Welt vorfinden, aber keine schlechtere“, sagt Holger Friehmelt, Leiter des Instituts Luftfahrt an der FH Joanneum. Dort wird der Masterstudiengang Luftfahrt durchgeführt, dessen Schwerpunkte Flugzeugbau und -systeme sowie Aviation-Management sind: „Die Kabine eines Flugzeugs ist ein relativ sicherer Ort, weil dort die Luft alle zwei bis drei Minuten ausgetauscht wird.“

Flughäfen besser organisieren

„Will man die Passagiere dorthin bringen, wird man sich als Flughafen oder Airline die gesamte Mobilitätskette im Vorfeld einer Reise anschauen müssen“, sagt Friehmelt. Um größere Menschenansammlungen zu verhindern, könne man etwa Möglichkeiten schaffen, Koffer außerhalb des Flughafens abzugeben oder die Passagiere früher über Verspätungen informieren. Da sei Aviation-Management gefragt. Das Masterstudium bietet dazu eine Spezialisierung – ebenso für Luftfahrttechnik oder Forschung und Entwicklung.

Für eine internationale Regelung von Maßnahmen der Gesundheitsprävention spricht sich Fritz Zibuschka aus. Er leitet den Masterstudiengang Airport City Management an der FH Wiener Neustadt und erinnert an die Sicherheitsvorschriften nach 9/11: „Hier gibt es weltweit einheitliche Regeln, die überall funktionieren und für Behörden, Luftfahrtunternehmen und Passagiere eingespielt sind. Internationale Regeln wären auch für Maßnahmen der Gesundheitsprävention nach Covid-19 sinnvoll.“ Das macht ein Miteinander erforderlich, dem sich auch der englischsprachige Studiengang widmet – mit den Themen Strategie und Geschäftsmodell, Organisation des operativen Betriebs und der Entwicklung von Non-Aviation-Bereichen. „All diese Faktoren müssen wie Zahnräder ineinander greifen. In der Krise wird dieses Zusammenspiel noch viel wichtiger.“

Bahn: Potenzial heben

Seit 11. Mai folgt die ÖBB wieder ihrem Regelfahrplan, doch läuft hier alles wie in „alten Zeiten“? „Was jahrelang undenkbar war, geht auf einmal: Fahrkarten des VOR gelten auch in der Westbahn. Die Züge von ÖBB und Westbahn verkehren abgestimmt zwischen Wien und Salzburg“, sagt Otfried Knoll, Leiter des Departments Bahntechnologie und Mobilität der FH St. Pölten. Die Bahn weise vor allem bei mittleren Distanzen unschlagbare Qualitäten auf, um unwirtschaftlich gewordene Kurzstreckenflüge zu ersetzen. „Das noch ungehobene Potenzial der Bahn muss rasch nach der Krise mit einer professionellen Kampagne zur Bewusstseinsbildung vermittelt werden. Und: Propagierte Annehmlichkeiten muss die Bahn auch bieten – selbst zur Hauptreisezeit und im Winter.“ Der Masterstudiengang Bahntechnologie und Management von Bahnsystemen bietet Spezialisierungen in den Bereichen Fahrzeugtechnik, Energieversorgung, Management, Signaltechnik oder Bautechnik. In drei davon werden Absolventen gezielt in Notfallmanagement und der Bewältigung von außergewöhnlichen Kommunikationssituationen ausgebildet. Die Absolventen sind „Systemversteher, die über Schnittstellen und Organisationsbereichsgrenzen hinaus zu denken bereit sind“, sagt Knoll.

Chance für Elektromobilität

Durch die sparsame Nutzung des Autos sind die daraus ableitbaren Emissionen nachweislich zurück gegangen. Jetzt wird es auf den Straßen wieder lauter, die Luft  wieder „dicker“. „Die Automobilindustrie und ihr Umfeld wären gut beraten, diese Krise als Chance wahrzunehmen, und den Mobilitätsbereich nachhaltig zu ökologisieren, die Elektromobilität ist hierbei ein Baustein“, sagt Andreas Petz, Leiter des Masterstudiengangs Green Mobility an der FH Campus Wien. Dieser beschäftigt sich mit technischen Komponenten für Hybrid- und Elektrofahrzeuge, deren Schnittstellen und der erforderlichen Infrastruktur und vermittelt ökonomisches, ökologisches und rechtliches Know-how. Petz: „Der Lehrgang ist eher als Reaktion auf eine Krise zu verstehen, deren Auswirkungen die Gesellschaft wahrscheinlich noch länger beschäftigen wird als der durch das Corona-Virus initiierte Notstand – nämlich die Klimakrise.“

Web: www.fh-campuswien.ac.at

www.fhwn.ac.at,

www.fhstp.ac.at,

www.fh-joanneum.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.05.2020)

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