Zweites Leben für alte Gebäude

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Immobilienrecycling. Aus einer Kirche wird ein Büro, aus einer Panzerhalle ein Shoppingcenter, aus einem Büro ein Hotel. Umnutzung ist die Königsdisziplin des Immobiliendevelopments.

Lässig frühstücken lässt es sich im Hotel Daniel neben dem Schloss Belvedere schon lang. Abends nimmt man dann einen Drink auf dem „Dachboden“ des 25hours Hotel. Und da die Aussicht über die Innenstadt so berauschend ist, bestellt man noch einen zweiten. Beide Hotels sind angesagte Adressen mit einer ordentlichen Portion Lifestyle – und wurden aus ins Alter gekommenen Häusern geschnitzt.

Ob und wann sich solche Revitalisierungen lohnen, hänge von mehreren Faktoren ab, sagt Wolfgang Kradischnig vom Planungs- und Beratungsunternehmen Delta: „Gibt es etwa einen Denkmalschutz? Wie viel Fläche darf bei einem Neubau errichtet werden? Oft weniger, als der Bestand ist. Und schließlich muss auch noch die Bausubstanz beurteilt werden.“

Denkmalschutz als Asset

Das Thema Denkmalschutz ist für viele Investoren ein Tabu. Andere hingegen freuen sich darüber sogar: „Die meisten Entwickler scheuen den Denkmalschutz wie der Teufel das Weihwasser, wir mögen ihn und sehen ihn eigentlich als Wertsteigerung – siehe Sophiensäle, Palais Zollamt Linz, Schloss Neusiedl, Hotel Palais Faber und so weiter“, meint Soravia-CEO Erwin Soravia. Die Signa zeigt eine ähnliche Leidenschaft, stehen doch sämtliche Objekte des Goldenen Quartiers in Wien unter den Argusaugen der Architekturerhalter. Bei der Umnutzung der ehemaligen Länderbank zu einem Hotel achtete der Denkmalschutz auf jedes kleinste Detail, Großaufträge für Schnitzereiarbeiten wurden vergeben, ein stillgelegter Steinbruch in Siena musste reaktiviert werden, Kirchenrestaurateure zählten zur normalen Baumannschaft. Billig war das nicht, aber das Beispiel Park Hyatt Vienna zeigt, wie einzigartig so eine Immobilie ist – und bleibt.

Hotelnutzungen scheinen sich für die zweite Lebensphase einer Immobilie besonders gut zu eignen. Wo früher Nestlé-Mitarbeiter ein- und ausgingen (am Margaretengürtel), empfangen heute Falkensteiner-Mitarbeiter ihre Gäste. Die Investoren konnten hier den Skelettbau vollständig aushöhlen und die Grundrisse völlig neu gestalten. Auch die Haustechnik und die Fassade waren hier einfacher und effizienter umzusetzen.

Mit dem The Guesthouse direkt bei der Wiener Albertina ersetzte Daniel Jelitzka von JP Immobilien gemeinsam mit Georg Muzicant von Colliers International – wie auch schon beim 25hours Hotel – ein Studentenwohnheim. 19Mio. Euro wurden investiert, obwohl es sich nur um ein Baurecht handelt. Auch der Hotelier Florian Weitzer scheint ein Faible für Revitalisierungen zu haben. Beim Grazer Hotel Daniel hat er bewiesen, wie lässig ein Fünfzigerjahrebau aufgepimpt wirkt. Zuletzt hat Weitzer auf das Flachdach des Hotels neben dem Bahnhof einen Loftcube als Suite mit 360-Grad-Rundumblick gesetzt. In Wien hat er das Daniel-Konzept im ehemaligen Motorola-Gebäude dupliziert und das ehemalige Bürohaus der Veitscher Magnesitwerke AG am Ring zum Grand Ferdinand verwandelt.

Alte Gebäude werden aber auch gern als Büros genutzt, vor allem Coworking Spaces mögen das Gebrauchte. Erst vor Kurzem wurde bekannt, dass die Koch Familienstiftung in der Bank Austria Zentrale am Schottentor Coworking unterbringen will. Im deutschen Aachen wurde sogar eine Kirche profaniert (letzte Messe mit Verlesung des Dekrets, Entfernung heiliger Gegenstände), um sie als Coworking Space zu nutzen.

Die Nachnutzung hat viele Vorteile: Sie verlängert den Lebenszyklus – anstatt das Gebäude komplett abzuschreiben, können stattliche Mieten eingehoben werden. Im urbanen Raum wird verdichtet, das Stadtbild bleibt erhalten. Und selbst aus hässlichen Hallen kann Tolles entstehen, wie die Panzerhalle in Salzburg zeigt.

Hippe Hallen

Wo früher Militärfahrzeuge gewartet wurden, brachten der Gusswerkbetreiber Marco Sillaber und sein Partner Johann Kainz eine hippe Mischung unter: Designermarkt, Fitness, Restaurants, Delikatessenläden, Streetfood, Bars, eine Beauty-&-Style-Zone, Büros und Lofts. Wie erfrischend für eine Stadt wie Salzburg! Lebhaft soll es auch in den Hallen der Metastadt im 22.Wiener Bezirk zugehen. Der Antiquitätenhändler Jürgen Hesz hat dort ein 62.000 Quadratmeter großes Areal rund um die ehemaligen Elin-Werke erworben. Derzeit stehen der Außenbereich und fünf Hallen zur Verfügung, andere Gebäude sind noch vermietet. Comicmessen, Oldtimertreffen, Flohmärkte und Konzerte hauchen den Immobilien neues Leben ein, wenn sie nicht als Eventlocation vermietet sind. „Sterile Räume bekommen Sie überall. Hübsch renovierte Hallen in Kombination mit der Patina der Industrie und der Abnutzung – da bleibt jede Veranstaltung in Erinnerung“, sagt Hesz.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.11.2018)

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