SPÖ, ÖVP: Kampf um die Familien spitzt sich zu

Kampf um Platz eins, auch mit Familienthemen: die Chefs von SPÖ, Christian Kern, und ÖVP, Sebastian Kurz (von rechts).
Kampf um Platz eins, auch mit Familienthemen: die Chefs von SPÖ, Christian Kern, und ÖVP, Sebastian Kurz (von rechts).(c) APA/HERBERT NEUBAUER
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Die SPÖ will einen Anspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab einem Jahr. Die ÖVP will Väter notfalls verpflichten, den Steuerbonus weiterzugeben.

Wien. Der Kasperl ist immer dabei, wenn es um Kinderunterhaltung geht. Mit „Hallo Christian, hallo Pamela“, begrüßte er Bundeskanzler und SPÖ-Chef Christian Kern und Frauen- und Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner. Beide machten am Sonntagnachmittag aus Anlass des Internationalen Tags des Kindes einen Abstecher zum Fest der SPÖ-Kinderfreunde in den Wiener Kongresspark.

Damit wurde daraus eine Art Fernduell in der Bundeshauptstadt Wien im Wahlkampf gut einen Monat vor der Nationalratswahl am 15. Oktober. Denn für ÖVP-Obmann und Spitzenkandidat Sebastian Kurz war zur gleichen Zeit der Auftritt beim Erntedankfest der schwarzen Jungbauern im Wiener Augarten Pflicht.

Nach den Themen Flüchtlingspolitik, Sicherheit sowie Arbeitsplätze und Wirtschaft ist zuletzt auch am Wochenende ein Wettstreit vor allem der bisherigen Koalitionspartner SPÖ und ÖVP um die Bereiche Kinder und Familien entbrannt. Die Schwerpunkte und Akzente sind unterschiedlich.

Die Kanzlerpartei mit Frauenministerin Rendi-Wagner macht Druck in Richtung des weiteren Ausbaus der Kinderbetreuung und verlangt einen Rechtsanspruch der Eltern auf einen Kindergartenplatz ab dem ersten Lebensjahr des Kindes. Die ÖVP mit Parteichef Kurz stellt finanzielle Verbesserungen in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen, mit einem Steuerbonus von 1500 Euro pro Kind und Jahr als zentraler Forderung im Wahlkampf.

Alleinerzieherinnen im Fokus

Die Auseinandersetzung zwischen SPÖ und ÖVP um die steuerliche Entlastung der Familien gewinnt nun zusehends an Schärfe. Ministerin Rendi-Wagner bekräftigte am Sonntag ihre massiven Vorbehalte, dass bei dem von der ÖVP geplanten Steuerbonus speziell Mütter mit niedrigem Einkommen nicht profitieren. „Wir wollen die Alleinerzieherinnen in diesem Land nicht allein lassen“, betonte sie im Wiener Kongresspark.

ÖVP-Chef Kurz hatte zuvor in St. Pölten den ÖVP-Plan für den Steuerbonus von 1500 Euro – das wären bei zwei Kindern 3000 Euro pro Jahr – gegen Angriffe verteidigt und präzisiert. „Das muss auch Alleinerzieherinnen zukommen“, betonte der ÖVP-Spitzenkandidat. Demnach sei klar: Wenn die Mutter Alleinerzieherin und beruflich tätig sei, dann habe sie genauso wie eine Familie Anspruch auf den Steuerbonus. Wenn sie nicht beruflich tätig sei, aber der Vater des Kindes arbeiten gehe, habe dieser Anspruch auf die Steuererleichterung. Kurz stellte aber klar, dass diese Regelung für die Väter verpflichtend sein solle: „Er muss diesen Bonus weitergeben an die Mutter“, genauso wie Alimente zu leisten seien. Weitere Details gibt es in der ÖVP, wie es auf Nachfrage hieß, noch nicht. Derzeit gibt es in Österreich 160.000 Mütter und Väter als Alleinerziehende, davon sind die Frauen mit 144.000 deutlich in der Überzahl.

Unterhaltsgarantie gewünscht

Die von der SPÖ gestellte Frauenministerin geht noch weiter. Sie trat am Sonntag für eine Unterhaltsgarantie ein. Der Staat soll demnach einspringen, wenn ein Vater seinen Unterhaltsleistungen nicht nachkommt. Die SPÖ fordert zuerst von Justiz- und Familienministerium eine Analyse über die Kosten, die für Eltern anfallen. Grundsätzlich ist die Kanzlerpartei der Ansicht, dass der Mindestlohn von 1500 Euro im Monat und ein steuerfreier Lohn in dieser Höhe besonders Frauen zugutekommt. Rund 200.000 Frauen würden davon profitieren.

Wegen des weiteren Ausbaus der Kinderbetreuung hat sich Rendi-Wagner bereits in einem Brief und mit einem Gesetzesentwurf an die ÖVP gewendet, um von Bundesseite die Mittel für weitere Betreuungsplätze bereitzustellen. Denn mit Ende dieses Jahres läuft die geltende Vereinbarung mit den Bundesländern aus.

Finanzierung offen

Vor allem Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) hat ein entscheidendes Wort mitzureden. Für den neuen Finanzausgleich zwischen Bund, Ländern und Gemeinden im Herbst des Vorjahres wurde eine Neuausrichtung bei der Auszahlung der Mittel nach den Aufgaben paktiert. Vorerst gibt es keine offizielle Reaktion der ÖVP auf die SPÖ-Wünsche zur Ausweitung der Kinderbetreuung. Offen ist außerdem die Finanzierung eines zweiten für Eltern kostenlosen Kindergartenjahres.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.09.2017)

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