Golden Globes: Aggressive Nettigkeit und Dank an den Teufel

2019 Golden Globes - Show - Beverly Hills, California, U.S.
2019 Golden Globes - Show - Beverly Hills, California, U.S.REUTERS
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Nach lauter Trump-Kritik (2017) und schwarzen Protest-Kleidern (2018) fiel die heurige Golden-Globes-Verleihung ausgesprochen unpolitisch aus. Lieber sprach man über Diversität, Unschuld - und Liebe.

Wer heuer eine Golden-Globe-Show voller aufsehenerregender Statements und nachdrücklicher Botschaften erwartet hat, wurde in der Nacht auf Montag enttäuscht: Die 76. Golden-Globes-Gala war - nach zwei durchaus (gesellschafts-)politisch bestimmten Verleihungen in den vergangenen beiden Jahren - eine vergleichsweise freundliche, unpolitische Angelegenheit.

Nach der Verleihung 2017, in der etwa Meryl Streep in einer viel beachteten Rede Donald Trump kritisiert hatte, dessen Amtseinführung damals gerade bevorstand, und der Gala im Vorjahr, bei der fast alle weiblichen Gäste in schwarzen Roben und mit „Time’s up“-Ansteckern gegen Sexismus in der Branche protestiert hatten, feierte Hollywood nun in ganz wohliger Manier seine jüngsten Leistungen – und auch die Anzeichen positiver Veränderung, die ein Stück weit vielleicht auch der Aktivismus der letzten Award-Saisonen bewirkt hat.

„In aller Ehrlichkeit“, sagte Moderatorin Sandra Oh, die auch selbst eine Trophäe als beste Seriendarstellerin (in „Killing Eve“) gewann: „Ich habe 'Ja' gesagt zur Angst, mich heute Abend auf diese Bühne zu stellen, weil ich hier sein wollte, um in dieses Publikum zu schauen und Zeugin dieses Moments der Veränderung zu werden.“ Sie sprach damit die wachsende Diversität in der Branche an, die sich auch im Feld der Nominierten bemerkbar machte: Vier der zehn nominierten Filme für die Königsdisziplinen „Bestes Drama“ und „Beste Komödie/Musical“ waren etwa von nicht-weißen Filmemachern gedreht worden. „Ich mache mir nichts vor“, sagte Oh weiter, „nächstes Jahr könnte es ganz anders  sein, es wird wohl anders sein. Aber dieser Moment gerade jetzt ist real.“

"Hey Jeff! Ich wünschte, du wärst mein Vater"

Ganz ohne Spitzen kam die Moderation von Oh und Andy Samberg – die übrigens beide vor allem als Seriendarsteller bekannt sind, was auch als Zeichen für die wachsende Bedeutung dieses Segments in Hollywood gewertet werden kann – natürlich nicht aus. Warum gerade die beiden als Moderatoren ausgewählt wurden? „Wir sind die einzigen zwei in Hollywood, die noch keine Schwierigkeiten bekommen haben, weil sie etwas Beleidigendes gesagt haben.“ (Die Oscars stehen ja noch ohne Moderator da, nachdem Kevin Hart, dem alte homophobe Tweets zum Verhängnis wurden, abgesagt hat.) Die bei Award-Shows üblichen bissigen Einstiegsbemerkungen über die anwesenden Gäste setzten die beiden auf ihre eigene, unschuldige Art um – und überschütteten das Publikum mit aggressiv geraunten Nettigkeiten. „Und dann ist da natürlich Jeff Bridges . . .“, begann Samberg. „Hey Jeff! Ich wünschte, du wärst mein Vater.“

2019 Golden Globes - Show - Beverly Hills, California, U.S.
2019 Golden Globes - Show - Beverly Hills, California, U.S.REUTERS

Bridges holte den Cecil-B.-DeMille-Preis ab, was Meryl Streep und Oprah Winfrey zuletzt für eindrückliche emotionale Reden genutzt hatten. Bridges erinnerte stattdessen an seine berühmteste Rolle, den gelassenen Dude in „The Big Lebowski“: In einer recht wirren Rede dankte er Weggefährten seiner Karriere und baute erbauliche Botschaften ein: „Wir können dieses Schiff in die Richtung lenken, in die wir gehen wollen, Mann! Zur Liebe!“

Christian Bale dankte Satan

Einen der wenigen politischen Momente bescherte Christian Bale, der als bester Hauptdarsteller in einer Komödie prämiert wurde. In „Vice“ spielt er den ehemaligen US-Vize-Präsidenten unter George W. Bush, Dick Cheney, der als Architekt des Irakkriegs gilt. Bale dankte Satan – für „die Inspiration.“

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