Regie: Wotan, Dirigat: Thielemann

Christian Thielemann.
Christian Thielemann.(c) APA/BARBARA GINDL
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Dresdner Semperoper: Zum ersten Mal nach seiner „Ring“-Pause leitete Christian Thielemann wieder eine „Walküre“ – und begeisterte, ganz im Gegensatz zur Inszenierung.

Richard Strauss soll einmal gesagt haben, er könne nach einem Takt erkennen, ob ein Dirigent gut sei oder nicht. Ähnliches dürften sich die Zuhörer in der Dresdner Semperoper unmittelbar nach Beginn der jüngsten Aufführung der „Walküre“ gedacht haben. Christian Thielemann am Pult der Sächsischen Staatskapelle machte schon den Auftakt zum großen Sturm, mit dem Wagners „erster Abend“ im „Ring des Nibelungen“ anhebt, zum Ereignis.

Es war Thielemanns erste „Walküre“ nach seiner selbst auferlegten „Ring“-Pause, die er im Herbst 2011 nach seinem mittlerweile bereits auf CD erschienenen „Ring“ an der Wiener Staatsoper begann. Er nähert sich in diesem Werk, so scheint es, in Dynamik und Tempo mehr als bisher den Grenzen des Möglichen und spannt dabei einen dramaturgischen Bogen, der das Publikum vom Vorspiel bis zum Feuerzauber bannt: In den Generalpausen dieser Aufführung herrschte wirklich absolute Stille.

Frenetischer Jubel danach, nicht nur für Thielemann und sein Orchester, sondern auch für den Star der Dresdner Sängerbesetzung: Nina Stemme, eine darstellerisch berührende Brünnhilde mit strahlenden Spitzentönen, von leuchtender Stimmkraft, die aber nie die musikalische Linie verlässt und selbst in den intensivsten Momenten ohne hörbare Anstrengung singt.

Der andere vokale Höhepunkt der Aufführung: das Debüt von Christa Mayer als Fricka, vokal und darstellerisch souverän, wortdeutlich. Dank ihres satten Timbres wurde diese Göttermutter zum Ereignis, während Markus Marquardt als ihr Gemahl, Wotan, sowohl stimmlich als auch in der Darstellung recht wenig Leidenschaft ausstrahlte. Vor allem in der Auseinandersetzung mit Fricka im Zweiten Aufzug kapitulierte er schon allzu bald vor seiner dominanten Ehefrau. Die Verzweiflung im anschließenden Monolog tönte weniger wütend als vom ersten Moment an völlig resignativ. Der Abschied von Brünnhilde am Ende des Dramas gelang dann dank der behutsamen Begleitung von Christian Thielemann stimmlich wie emotional wirkungsvoll.

Emotional: Brünnhilde-Sieglinde

Der nobel gewandete Hunding von Georg Zeppenfeld zeigt seine Wildheit eher durch darstellerische als durch vokale Brutalität. Als einer der besten und vor allem „schwärzesten“ Bässe unserer Zeit dürfte er sich in den ruhigeren Repertoire-Regionen wohler fühlen. (So sang er etwa am Vorabend in der Semperoper den Sarastro in Mozarts „Zauberflöte“). Petra Lang – auf internationalen Bühnen wie Nina Stemme eine Interpretin beider dramatischen Sopranpartien in der „Walküre“ – gab diesmal die Sieglinde. Ihre stärksten Momente hat sie, wenn Dramatik und Lautstärke gefordert sind, vor allem in der kurzen, aber prägnanten Passage zwischen Brünnhilde und Sieglinde im Dritten Aufzug, die dank des Zusammenspiels mit Nina Stemme zu einem der emotionalsten Momenten des Abends wurde. Anstelle des erkrankten Johan Botha war Christopher Ventris der verlässliche Siegmund, stimmlich tadellos, doch etwas oberflächlich und blass. Das Walküren-Oktett (Christiane Kohl, Sonja Mühleck, Irmgard Vilsmaier, Christina Bock, Julia Rutigliano, Simone Schröder, Constance Heller, Nadine Weissmann) war solide.

Die Inszenierung Willy Deckers entsprang aus einer Kooperation der Semperoper mit dem Teatro Real Madrid im Jahre 2001. Decker lässt das Stück als Theater im Theater spielen, wobei Wotan als Regisseur fungiert. Die Sitzreihen des Theaters (Bühnenbild: Wolfgang Gussmann) stellen störende Hindernisse für die Sänger dar. Von Personenführung oder sonstiger tiefer gehender Interpretationen ist zumindest bei den Reprisen anno 2016 nicht viel zu entdecken. Man hält sich an die Musik – und freut sich auf eine Wiederbegegnung mit Thielemanns „Walküren“-Deutung mit der Staatskapelle Dresden bei den Salzburger Osterfestspielen 2017. Zum Gedenken an die Eröffnung des Festivals vor 50 Jahren durch Herbert von Karajan soll Günther Schneider-Siemssens „Walküren“-Dekoration von 1967 nachgebaut werden . . .

„Die Walküre“ in der Semperoper: noch am 28. 2.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.02.2016)

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