Alles neu im Museum des Übermalers Arnulf Rainer

Erstmals seit der Eröffnung vor zehn Jahren lud man im Badener Rainer-Museum jetzt Künstlerinnen ein, um mit Arnulf Rainers Kunst zu reagieren.
Erstmals seit der Eröffnung vor zehn Jahren lud man im Badener Rainer-Museum jetzt Künstlerinnen ein, um mit Arnulf Rainers Kunst zu reagieren.Arnulf-Rainer-Museum/Kramar/Kollektiv Fischka
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90 Jahre wird der Grandseigneur der österreichischen Malerei heuer im Dezember. Just in diesem Jahr hängt das Rainer-Museum in Baden in der Luft – es wurde vom Land NÖ übernommen und sucht einen neuen Leiter.

Der Maler sei so glücklich wie nie zuvor, es gehe ihm hervorragend, und er sei so entspannt, wie man das gar nicht von ihm kenne. Nachrichten aus Teneriffa, wo Arnulf Rainer mit seiner Frau, Hannelore, wie gewohnt seine Winter verbringt. Dieser Winter ist sein 90., heuer im Dezember erreicht er dieses heute nicht mehr ganz so biblische Alter. In der österreichischen Kunst sichert ihm dieses trotzdem die Rolle des Grandseigneurs. Da gehört das eigene Museum dazu, natürlich, es steht seit 2009, also seit Rainers 80. Geburtstag, in seiner Heimatstadt, Baden, auch wenn er dort nur seine Kindheit verbracht hat.

Just in diesem Jubeljahr kommt Bewegung in diese eher idyllische als überlaufene Institution im historischen Frauenbad direkt an der Endstation der Badner Bahn, die mit ambitionierten Wechselausstellungen immer neue Aspekte von Rainers Werk zu beleuchten versucht, oft im Dialog mit ähnlich honorablen Künstlerkollegen wie Markus Lüpertz, Mario Merz, Georg Baselitz, Damien Hirst oder derzeit neben Donald Judd erstmals weiblichen Mitspielerinnen, noch dazu jungen – den Bildhauerinnen Sarah Pichlkostner (geb. 1988 im Pongau) und Saskia Noor van Imhoff (geb. 1986 in Kanada).

Erstmals zwei Künstlerinnen zu Gast

Ein eigenwilliges Gespräch ergibt sich zwischen den zwei alten Herren Rainer und US-Minimalist Donald Judd (1928–1994) sowie den zwei experimentellen Installationskünstlerinnen, die ihre fragilen Konstruktionen wie Sensoren in die Räume legen, wie um auszuloten, was geht in diesem mächtigen Gefüge aus Formen und Erfahrung. Wie Mobiles hängen manche von Pichlkostners Gebilden aus Stahl und verspiegelten Glasröhrchen von der Decke, gehalten von gelben Riemen. Einmal kriecht eine solche zarte Röhre aus der Wand auf den Boden, um sich dort wie ein Fühler, wie ein sich schlängelnder Strich neugierig auszustrecken. Die Beschäftigung mit dem individuellen Strich ist es, der die Künstlerinnen mit Rainer verbindet und der alle von Judds kühlen Rechteck-Variationen unterscheidet. Das ist zumindest eine Assoziation, der man folgen kann in dieser Ausstellung. Spannende Sache.

Keine leichte. Das wunderschöne Haus ist schwer zu bespielen, die Architektur ist dominant. Bisher wurde das von Rüdiger Andorfer geleistet, der einer städtischen Gesellschaft vorstand, die vom Land Niederösterreich subventioniert wurde. Eine Konstruktion, die den Rainers, die zumindest ein festgeschriebenes Mitspracherecht bei der Programmierung haben, nicht unrecht war: Man wollte mit der Landespolitik nicht so „verbandelt“ sein, wie Hannelore Rainer es ausdrückt. Jetzt ist man es doch, ohne dass man groß gefragt wurde, sagt sie. Mit Jahresbeginn 2019 übernahm die mächtige Nöku-Holding, die NÖ Kulturwirtschaft GmbH, die praktisch alle großen Landeskulturinstitutionen vom Landestheater, Grafenegg bis zur Kunsthalle Krems betreibt, 74 Prozent der Rainer-Museums-GmbH. Man, also Geschäftsführer Paul Gessl, hat mit dem Nitsch-Museum und dem Frohner-Forum im Portfolio Erfahrung mit Künstlermuseen. Das bringe Synergien, meint er.

Neuer Leiter kommt im Lauf des Jahres

Vor allem bringt es eine Veränderung in der bisherigen Leitung. Rüdiger Andorfer ist nach sechs Jahren in der Leitungsfunktion ausgeschieden. Die Ausstellung sei ein guter Abschluss für ihn, erklärt er der „Presse“. Interimistisch leiten jetzt Gessl und Stefan Mitterer, Geschäftsführer der Landesgalerie NÖ, das Museum. Das soll aber nicht so bleiben, sagt Gessl, gemeinsam mit Familie Rainer werde man im Lauf des Jahres einen neuen künstlerischen Leiter suchen. Gespräche, die wohl ab April, wenn Rainer aus Teneriffa zurückkehrt, intensiver werden dürften. Es müsse jedenfalls jemand mit Erfahrung sein, so Hannelore Rainer, sonst sei dieses Haus nicht zu bewältigen. Und auch jemand, der Rainers Werk kenne, wobei das praktisch nicht möglich sei, so vielfältig, wie dieses sei, meint sie.

Es wird zu diesem runden Geburtstag jedenfalls einige Möglichkeiten geben, dieses zumindest ein bisschen besser kennenzulernen – auch wenn die jüngste größere Retrospektive bereits zum 85. Geburtstag in der Albertina stattfand. Heuer ist dort immerhin eine kleinere Rainer-Ausstellung im Herbst geplant. Im Lentos eröffnet dagegen schon Ende Jänner die vielversprechende Doppelschau der Frühwerke von Rainer und Maria Lassnig, die heuer den 100. Geburtstag gefeiert hätte. 1948 lernten sich die beiden in Kärnten kennen und gingen dann gemeinsam nach Paris. Der Beginn von zwei großen österreichischen Malerkarrieren. Auf ein Lassnig-Museum wartet man in ihrer Heimat, Kärnten, oder wo auch immer bislang noch vergeblich. Als Künstler sollte man als Geburtsort vorausblickend eher Niederösterreich präferieren.

ZUR PERSON

Arnulf Rainer wurde am 8. Dezember 1929 in Baden geboren. Er ist einer der erfolgreichsten Maler Österreichs, bekannt vor allem durch seine Übermalungen und seine Kreuze. 2009 eröffnete die Stadt Baden das Rainer-Museum, das Anfang dieses Jahres von der Kulturholding des Landes Niederösterreich übernommen wurde.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.01.2019)

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