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Nur Klimts Küssende distanzieren sich nicht

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Ab Mittwoch ist das Obere Belvedere wieder geöffnet. Klimt (fast) ohne Touristen – was bedeutet das?

So ungestört durften sich die beiden ein halbes Jahrhundert lang nicht mehr küssen – man möchte sich gar nicht vorstellen, was da los war die vergangenen dreieinhalb Monate im Audienzzimmer des Oberen Belvedere. Ab Mittwoch muss sich Gustav Klimts Fantasiepärchen bei seinem „Kuss“ (1908) wieder zusammenreißen, der Touristenmagnet unter den Wiener Museen (90 Prozent aller Besucher aus dem Ausland) sperrt auf. Und zwar (fast) nur für uns.

Das sei natürlich auch die besagte, von allen sonst überlaufenen Museen zur Zeit strapazierte Chance – wie auch bei der Pressekonferenz zur Wiedereröffnung am Montag betont wurde – so viel Ruhe, so viel Raum! Das sollte doch ein lokales Publikum animieren, nicht nur bei Klimt, Schiele und Gerstl, sondern auch bei Waldmüller und Rottmayr wieder einmal vorbeizuschauen.

Die Schließzeit wurde dazu benutzt, diese zwei Jahre alte, über 400 Werke umfassende Dauerausstellung zur österreichischen Kunstgeschichte bis 1945 zu überarbeiten. Vor allem die Wiener Moderne wurde thematisch neu, coronabedingt lockerer strukturiert – so halten sich jetzt (bis auf die unverbesserlich Küssenden) zumindest die anderen Damen und Blumen im Klimt-Raum ans Social Distancing.

Online zahlt man nur vier Euro

Ein anderes Bestreben von Generaldirektorin Stella Rollig war es, die jüngsten Ankäufe bzw. neuen Dauerleihgaben präsentieren zu können: etwa „Freundinnen I“ (siehe Abbildung) und „Mädchen im Grünen“ von der Klimt-Foundation. Oder einen Stock höher den durch Fundraising erworbenen „Vogelflug“ Erika Giovanna Kliens und den „Friedensengel“ Greta Freists. Das interessiert die Kenner. Andere lockt vielleicht der Preis von vier Euro. Dieser Dumpingpreis (statt 16 Euro) gilt allerdings nur fürs Online-Ticket im Juli, so wolle man versuchen, den „kontaktlosen Besuch“ zu fördern, sagt Geschäftsführer Wolfgang Bergmann. In Kombination mit dem Time-Slot-System, das man voriges Jahr noch aus gegenteiligen Gründen, wegen Überfüllung nämlich, eingeführt habe, klingt das durchaus vernünftig. Auch die neue Kooperation mit der internationalen Museums-App Smartify geht in diese Richtung, Audioguides können so vermieden werden.

Klingt gut. Für das Belvedere und die größeren Museumsdampfer sieht die nähere Zukunft dennoch nicht rosig aus. Man rechne für das zweite Halbjahr mit einem Umsatzverlust von 80 Prozent, so Bergmann. Durch internes Gegensteuern – keine Entlassungen, betont er – hoffe man das Defizit mit 6,6 Mio. Euro gering halten zu können. Ohne zusätzliche Mittel vom Staat, und damit ist nicht nur die sowieso überfällige Erhöhung der Basisabgeltung um die Inflation gemeint, werde es allerdings nicht gehen: Mit einer Rückkehr zur (touristischen) Normalität rechnet Bergmann erst 2023.

Oberes Belvedere: ab 1. Juli täglich 10–18 Uhr geöffnet.

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