Der poetische Blick kann zur Schönheit, aber muss nicht zur Wahrheit führen; und was plausibel scheint, muss nicht wahr sein.
„Kommst du jetzt mit dem Poetischen?“, fragte (sich) Peter Handke in seinem mit „Gerechtigkeit für Serbien“ untertitelten Text – und gab gleich selbst die Antwort: „Ja, wenn dieses als das gerade Gegenteil verstanden wird vom Nebulösen. Oder sag statt ,das Poetische‘ besser das Verbindende, das Umfassende – den Anstoß zum gemeinsamen Erinnern, als der einzigen Versöhnungsmöglichkeit, für die zweite, die gemeinsame Kindheit.“
Der poetische Blick als Heil-, als Bindemittel? Als intuitiver Weg zur Wahrheit, vielleicht gar einer höheren Wahrheit, die sich dem gemeinen Beobachter nicht erschließt? Dieser Anspruch überfordert die Poesie. Dass ihn Handke gestellt hat, stand zu Beginn seiner balkanischen Irrtümer, die ihn, befeuert von Zorn und – an sich verständlicher – Medienkritik, zu trotzigen Aktionen wie der Rede beim Milošević-Begräbnis geführt haben.