Hände und Augen frei

"Netflix zum Hören": Podcasts erfreuen sich wachsender Beliebtheit

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Bereits 32 Prozent der Österreicher hören Podcasts. Meist werden sie unterwegs, auf Reisen, beim Putzen oder Einschlafen eingeschaltet. Aktuell hören mehr Männer zu.

"Podcasts sind im Grunde Netflix zum Hören": Dieses Zitat des Journalisten Jordan Harbinger fasst die wachsende Faszination für Podcasts treffend zusammen. Bereits 32 Prozent der Österreicher hören Podcasts, wie aus dem Reuters Institute Digital News Report 2019 hervorgeht. Die Themenfelder sind bunt gemischt: Von Politik über Wissenschaft bis hin zu Comedy und Kultur ist alles dabei.

Was Podcasts so beliebt macht, erklärt Stefan Lassnig, Geschäftsführer von "Missing Link Media": "Podcasts sind das einzige digitale Medium ohne Screen. Das bedeutet, ich habe Hände und Augen frei - und damit kann ich Podcasts in Situationen hören, in denen ich anderen Medien nicht konsumieren könnte: Beim Sport, beim Pendeln, beim Aufräumen, im Auto oder beim Kochen."

Das belegen auch die Zahlen. Laut einer Studie von Bitkom Research aus dem Jahr 2018 hören 49-Prozent der Hörer Podcasts unterwegs und auf Reisen, gefolgt von Putzen (37 Prozent) und beim Einschlafen (35 Prozent). 27 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer greift während des Sports auf Podcasts zurück. Am beliebtesten sind Podcasts übrigens bei den 20 bis 39-Jährigen, wie ein Blick auf die "G + J Mobile 360* Studie" aus dem Vorjahr zeigt. Tendenziell hören auch mehr Männer (57 Prozent) Podcasts als Frauen (43 Prozent).

Apple und Spotify bei Nutzern am beliebtesten

Die mit Abstand beliebtesten Podcast-Player, über die die Hörer auf ihre Podcasts zugreifen, sind Apple Podcasts und Spotify, die zusammen über 50 Prozent der Nutzung ausmachen. Kleinere Player sind Podbean, Castbox oder Stitcher. Dort können User auf alle gelisteten Podcasts zugreifen und diese auch abonnieren, sodass die neuesten Folgen immer automatisch heruntergeladen werden. Mit der wachsenden Akzeptanz von Podcasts steigt auch das Werbevolumen stetig an: 2019 betrug das Marktpotenzial in Deutschland 71 Millionen Euro, bis 2023 wird es auf 156 Mio. Euro geschätzt. Ganz anders sehen die Zahlen bereits jetzt in den USA aus: Dort erwirtschafteten Podcasts 2019 679 Mio. US-Dollar, bis 2023 wird damit gerechnet, dass die Milliardengrenze erreicht wird.

Das "PodcasterInnen Netzwerk Österreich" zählt auf Facebook rund 140 Mitglieder. Wie viele heimische Podcasts tatsächlich verfügbar sind, ist jedoch nicht mit Bestimmtheit zu sagen. Fest steht: Immer mehr Menschen - oft mit journalistischem Hintergrund - entscheiden sich, einen eigenen Podcast zu starten. Folgend ein ausgewählter Überblick über die vielfältigen privaten Formate.

"Drama Carbonara"

Sie sind erst seit wenigen Monaten am Start, genießen aber bereits einen gewissen Kultstatus: Der Comedy-Podcast "Drama Carbonara", der pünktlich mit Faschingsbeginn am 11. November 2019 online ging, wird von drei Freundinnen betrieben: Asta Krejci-Sebesta, Jasna Hörth und Tatjana Lukas tragen dabei wöchentlich "dramatische Kurzgeschichten" aus Heftromanen wie "Meine Wahrheit" oder "Meine Schuld" vor und kommentieren die teils abstrusen Geschichten unter dem Motto "Groschenromane für Alle!". Die Episoden tragen klingende Titel wie "Von wegen Filmkarriere - Es waren Pornos!" oder "Mein Mann hat keine Ahnung von meinem erotischen Putzdienst". Ab und zu laden die drei Damen auch Gäste ein, die hörbar viel Spaß beim Mitkommentieren haben.

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"Erklär mir die Welt"

Im Bereich der sogenannten Wissens-Podcasts ist Andreas Sator ganz vorne dabei: Mit mehr als 15.000 Downloads pro Woche spielt er in Österreich in der oberen Liga mit. Der Journalist ("Der Standard") und Autor ("Alles gut?! Unangenehme Fragen & optimistische Antworten für eine gerechtere Welt", Kremayr & Scheriau) widmet sich in den mittlerweile über 100 Folgen verschiedensten Themen von Österreichs Römerzeit über Klima-Aktivismus bis hin zum Mythos Jörg Haider. Dafür spricht er jeweils mit Experten; in der aktuellen Folge zum Coronavirus bat er den Virologen Florian Krammer vors Mikrofon.

>>> Erklär mir die Welt

"Sagenhaft. Gutenachtgeschichten für Erwachsene"

Ganz frisch ist der Podcast "Sagenhaft" von Sabrina Peer und Stephanie de la Barra: Die beiden jungen Frauen erzählen darin "Geschichten mit Rotweinflecken". Vorgelesen wird dabei aus großen und kleinen Werken verschiedener Kulturen. Alle Geräusche und Töne werden entweder direkt im Studio gebastelt oder neu aufgenommen. Eigendefinition: "Ein Podcast mit Hörspielcharakter!"

>>> Gutenachgeschichten für Erwachsene

"Ganz offen gesagt"

Es war im Sommer 2017, als die Journalisten Sebastian Krause, Julia Ortner und Eva Weissenberger mit ihrem Podcast "Ganz offen gesagt" antraten, um politikinteressierten Menschen in Österreich die innenpolitische Lage sowie internationale Entwicklungen nahe zu bringen. Mittlerweile sitzen noch Julia Ortner und der neu dazu gestoßene Jonas Vogt vor dem Mikrofon, wo sie mit Experten diskutieren. Zu Gast waren in den vergangenen zweieinhalb Jahren unter anderem der Politik- und PR-Berater Rudi Fußi, der ehemalige Flüchtlingskoordinator Christian Konrad, der Künstler und Karikaturist Michael Pammesberger oder ZiB2-Moderatorin Lou Lorenz-Dittlbacher. In den jüngsten Folgen sprach man etwa mit Paul Schmidt (Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik) über die EU, der Künstlerin Deborah Sengl über den Blick der Künstlerin auf das politische Spiel oder der Autorin Katja Jungwirth über Verantwortung, Solidarität und den Mühen der Pflege.

>>> Ganz offen gesagt

"Reich durch Radeln - der Podcast der velophilen Erfolgsgeschichten"

Eine besondere Nische haben sich die drei Macher von "Reich durch Radeln" vorgenommen: Klaus, Magda und Matthias starteten mit ihrem Podcast, in dem sich alles ums Radfahren dreht, bereits im Sommer 2018. In den Episoden sprechen sie mit fahrradbegeisterten Menschen über deren Erfolgsgeschichten, "die alle auf oder um das Rad passieren". Der Reichtum im Titel bezieht sich übrigens nicht unbedingt auf Geld: Es zählen auch "Lebenserfahrung, persönliches Wachstum oder innovative Fahrrad-Ideen".

>>> Reich durch Radeln

"Erzähl mir von Wien"

Ebenfalls zu den Pionierinnen der heimischen Podcast-Szene gehören Edith Michaeler und Fritzi Kraus: Mit "Erzähl mir von Wien" bringen sie ihren Hörern die Stadt seit dem Sommer 2018 aus verschiedenen Perspektiven näher. Dabei besuchten sie zuletzt nicht nur den Lainzer Tiergarten, das Burgtheater oder das Hotel Imperial, sondern sprachen in Spezialausgaben auch über den "Frauen.Alltag" der vergangenen 100 Jahre (zum Internationalen Frauentag) oder - aus aktuellem Anlass - über "Seuchen in Wien: Spanische Grippe & Cholera".

>>> Erzähl mir von Wien

„Die Presse"-Podcast 18'48''

Den „Presse“-Podcast 18'48'' gibt es seit September stimmführend von Anna Wallner, der gemeinsam mit Georg Gfrerer produziert wird und der abrufbar ist auf www.diepresse.com und überall, wo es Podcasts gibt. Die Themen sind vielgestreut. Von politischem bis hin zu den Oscars und den „Corona-Diaries“ bietet Anna Wallner ein großes Spektrum.

>>> Presse-Podcast

(bagre/APA)

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