Die Begriffe "links" und "rechts" sind vielen unangenehm, auch der Sänger Herbert Grönemeyer fühlte sich damit gestern in der ZiB 2 nicht ganz wohl. Er antwortete trotzdem.
Gleich zwei sehr namhafte Gäste kamen gestern in das Studio der ZiB 2, nämlich Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Sänger Herbert Grönemeyer. Ersterem stellte Moderator Armin Wolf naturgemäß dezidiert politische Fragen, letzterem aber auch. Was auf der Hand lag, denn der Sänger hat gerade ein neues Album herausgebracht, das sehr politisch ist. Unter anderem singt er darauf das Lied "Doppelherz" teilweise auf Türkisch.
Grönemeyer, ein sehr selbstreflektierter Künstler, gab zuvor bereits viele Interviews; sehr viele. Eine Frage in der ZiB 2 dürfte ihn aber doch etwas überrascht haben: "Warum sind eigentlich die meisten Künstler, die sich politische engagieren, links?", erkundigte sich Wolf, nachdem der Sänger erklärt hatte, warum er sich in seiner Musik, aber auch abseits der Bühne engagiert. Eine plakative Frage, die privat wohl häufig, öffentlich aber eher selten gestellt wird.
Grönemeyer: "Das weiß ich nicht. Links klingt immer gleich so kategorisiert. Ich glaube, die machen sich halt Gedanken, wie kann eine Zukunft aussehen, wie ist die Stimmung im Lande, sie absorbieren." Er sieht die Geschichte der Musik jedenfalls als prägend: "Der Rock’n’Roll kommt aus einer Zeit, wo man aufbegehrt hat, wo man sich gegen das Establishment gewendet hat... und dafür ist Kunst glaube ich da, immer wieder Dinge nach vorne zu treiben."
Die Richtungsbezeichnung macht ihn allerdings nicht ganz glücklich: "Links finde ich immer, klingt so schnell... aber wir sind sicherlich eher liberal-links, ja." Tatsächlich sind die Bezeichnungen "links" und "rechts" (schon eine Weile) zunehmend unbeliebt, was nicht nur daran liegt, dass sie vielen zu dogmatisch, zu eng erscheinen. Sondern auch daran, dass "rechts" oft für "rechtsradikal" eingesetzt wird - ein wenig ist das auch gespiegelt so.
Wobei es schon einmal eine ganz einfache Lösung für das Problem gab. In einem Aphorismus, der vor 40 Jahren gern zitiert wurde, heißt es: "Links ist, wo der Kreisky rechts ist." Und, so variierten Linke: "Rechts ist, wo der Kreisky links ist." Herbert Grönemeyer dürfte damit freilich nicht so viel anfangen können.
P. S. Übrigens war das Interview in der Tonalität (sehr) hart, in Bezug auf einen Leserbrief fragte Armin Wolf etwa: „Reden Sie sich’s nicht leichter als privilegierter Millionär?“. Grönemeyers Antwort: "Ich rede über einen humanistischen Gedanken, über eine Mitmenschlichkeit. Ob ich nun viel Geld habe oder wenig Geld habe... es entlässt mich ja nicht daraus, dass ich mitmenschlich denke."