Volkstheater: Diese blassen „Merowinger“ regen gar nicht auf

Raue Behandlungsmethoden bei Doktor Horn (Thomas Frank): Patient Childerich III. (Peter Fasching) wird geschlagen und mittels „Nasenzange“ von Schwester Helga (Julia Kreusch) gequält.
Raue Behandlungsmethoden bei Doktor Horn (Thomas Frank): Patient Childerich III. (Peter Fasching) wird geschlagen und mittels „Nasenzange“ von Schwester Helga (Julia Kreusch) gequält.APA/GEORG HOCHMUTH
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Franzobel hat Heimito von Doderers späten Roman bearbeitet, Direktorin Anna Badora führte Regie. Fazit: eine total misslungene Uraufführung.

Schon wieder haben's dem Herrn Doderer eine Maulschelle gegeben. Der Tatort: das Volkstheater. Dort wurde am Mittwoch „Die Merowinger oder Die totale Familie“ uraufgeführt. Der groteske, 1962 erschienene Roman des gewaltigen österreichischen Schriftstellers diente als Vorlage für eine zweieinhalb Stunden lange Show. Bearbeitet wurde das Werk für die Bühne vom Dichter Franzobel, inszeniert hat das Stück Anna Badora in ihrer letzten Saison als Direktorin des Volkstheaters. Dieses Kunststück geriet trotz großen Aufwands an Menschen und Material daneben.

Das Stück ist eine brave Nacherzählung der späten sprachlichen Tollereien des Schöpfers der großen Romane „Die Strudlhofstiege“ und „Die Dämonen“. Es wird schlagartig schwächer, sobald der Originaltext den aktualisierten Auslassungen des poetischen Nachfahren weicht. Die Inszenierung ist der tapfere Versuch, diese „Blödsinnigkeit“, wie der fiktive Dichter im Epilog des Romans über ebendiesen sagt, nicht nur via Kostüme fälschlich in die Merowinger- und Karolingerzeit zurückzuführen, sondern auch krampfhaft bis in die Gegenwart. Die große Wut, die Doderer in seinen entzückenden Sprachspielereien bewältigen will, dient hier als überdeutlicher Wink, dass die Welt auch heute von Wutbürgern und dunklen Mächten bedroht sei.

Eine Blaskapelle ist auch dabei.
Eine Blaskapelle ist auch dabei.(c) APA

Das könnte sogar lustig sein. Ist es aber nicht. Zehn Schauspieler, assistiert von einer Menge an Statisten und einer ausgewachsenen Blaskapelle (die ziemlich beherzt und wohl absichtlich immer wieder falsch spielt) suchen eine packende Handlung – und finden sie nicht. Die Darsteller wirken fast alle verunsichert, als ob sie sich in einem Provisorium bewegten und meist nicht genau wüssten, wo Text und Regie sie hinführten.

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