Kabarett

Rural, verspielt, postmodern: Die neuen Namen im Kabarett

Die neue "Lange Nacht des Kabaretts" - hier nicht ganz vollständig.
Die neue "Lange Nacht des Kabaretts" - hier nicht ganz vollständig. Ulrike Rauch
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Trübes Landleben, Klavierakrobatik, Wasserkocher-Konflikte und Philosophenhumor - „Die Lange Nacht des Kabaretts" hat eine neue Saison eröffnet.

„Dasteh muasst das kenna, ned darenna!", mit diesem Satz, gelesen in einem Wirtshaus, verbindet Günther Lainer noch immer seine Tour mit der „Langen Nacht des Kabaretts". Er war bei der ersten Runde 1997 dabei. Für das Publikum gilt seitdem: „dasitzn muasst das kenna". So ein gemischter Kabarettabend braucht Zeit. Erfunden hat ihn Thomas Tröbinger. Seit 20 Jahren kümmert er sich um publikumsarme Jungkabarettisten, die weniger am Talent, als an ihren noch unbekannten Namen scheitern. Bekannt geworden sind durch die Tour bereits Künstler wie Klaus Eckel, Thomas Stipsits und Paul Pizzera. Für die aktuelle Auflage seiner "Langen Nacht des Kabaretts" hat sich Tröbinger wieder auf die Suche nach neuen Gesichtern gemacht.

Didi Sommer
Didi Sommer(c) Ulrike Rauch

Mit dabei ist heuer zum Beispiel Didi Sommer, bei ihm zog die herbstliche Seele des Mühlviertels auf die Bühne des Niedermair Theaters ein, wo traditionell Premiere gefeiert wird. Gesprochen wurde bei Sommer in Mundart, das nimmt das Stadtpublikum immer gern an. Als Pirklbauer Willi – Bauer, Jäger, 58 Jahre, 130 kg, 3 Kinder (auch die sind „ordentliche Bröckerl") - gab er Einblick in das wortkarge Leben und Sterben in der Einöde. Währenddessen verschluckte er sich nicht an großen Speckstücken, ambitionierten Bierschlucken oder waschechten Bio-Nazis. Es sind amüsante Auszüge aus seinem sozialkritischen Land-Kabarett "Aufschneidn".

Bettina Bogdany und Bernhard Viktorin vulgo BE-Quadrat
Bettina Bogdany und Bernhard Viktorin vulgo BE-Quadrat(c) Ulrike Rauch

Neben Sommer ist heuer auch das Duo BE-Quadrat, bestehend aus Bettina Bogdany und Bernhard Viktorin, Teil des Programms. Was machen sie? Klavierakrobatik. Chopin- und Flohwalzer-Scherze. Das muss man mögen. Musikschüler tun es, sie finden es vielleicht cooler als andere. Kabarett-Traditionalisten müssen sich locker machen. Auch für die Rollenverteilung des coolen Typen und der spießigen Zicke sollte man Humor aufbringen. An Gesang und Timing aber gibt es nichts zu meckern, die beiden Schauspieler bringen Erfahrung mit, das hört man deutlich.

Sonja Pikart
Sonja Pikart(c) Ulrike Rauch

Sonja Pikart ist der Name zum Herzeigen, sie wird heuer noch den Förderpreis des Österreichischen Kabarettpreises für ihr zweites Soloprogramm "Metamorphosen" in Empfang nehmen. Wie die zuständige Jury meint, hat noch niemand zuvor "so poetisch und schlüssig von einem Wasserkocher mit Siedepunktverlängerung zu substantiellen Konflikten der Menschheit" geführt. Eben das tut sie auszugsweise auch in der „Langen Nacht". Wirkt die Neo-Österreicherin und Retro-Deutsche anfangs reserviert, entpuppt sich schnell ihr Talent. Und nein, sie hat keine Kinder und lebt nicht im Hochgebirge. Sonja Pikart ist weiblich-postmodern-heterosexuell, ein schwieriger Ausgangspunkt im urbanen Umfeld (wie im Elektrofachhandel), aber eine gelungene Idee für ihre Performance.

Jo Strauss
Jo Strauss(c) Ulrike Rauch

Hätte Ludwig Hirsch nach einer wirklich langen, stark verrauchten Nacht auftreten müssen, hätte er vielleicht wie Jo Strauss geklungen. Eine Klangfarbe grober Körnung bringt er mit. Und einen Pianisten. Die Stimmung ist mittel-trüb. Der Philosoph erzählt von seiner neuen Heimat Berlin und vermisst das stinkende Wien. Er untersucht die österreichische Seele, wie kompliziert, umständlich sie sein kann. Die Freude am Morbiden darf nicht fehlen, originell kommt sie bei ihm rüber. Strauss ist ein spezieller Typ, er gibt den Wiener Edelmann. Seine Lieder rühren. Seine Geschichten nehmen hübsche Wendungen. Er ist vielleicht das interessanteste Mitglied dieses neuen Ensembles.

Termine

Die Lange Nacht des Kabaretts zieht am 28.9. ins Orpheum weiter, am 4. und 5. Oktober spielen sie wieder im Kabarett Niedermair. www.langenachtdeskabaretts.at

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