Kritik

Wilde Castorf-Show mit einer echten Sau

Matthias Horn / Akademietheater
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Bei der österreichischen Erstaufführung von Elfriede Jelineks „Lärm. Blindes Sehen. Blinde sehen!“ ließen es das Regieteam und das Ensemble richtig krachen: Tamtam. Der Originaltext ging dabei fast ein wenig unter.

Wundersam, was das Alter aus manchen Künstlern macht, zum Beispiel aus Elfriede Jelinek. In ihren guten Werken ist diese tolle Systemkritikerin Sprachspielerin, Stimmenimitatorin sowohl für Text-Exzesse als auch sarkastische Treffsicherheit bekannt. Neuerdings aber scheint bei ihr eine gewisse Abgeklärtheit einzukehren. Vielleicht wird sie demnächst, so Gott will, sogar einmal eine Elegie verfassen. Das könnte man jedenfalls aus ihrem fast noch neuen Produkt „Lärm. Blindes Sehen. Blinde sehen!“ herauslesen, für das geübte Leser beim Überfliegen zwei Stunden, beim assoziativen Studieren ein Vielfaches an Zeit brauchen.

In dem Text geht es, wenn man Rezensenten oder Kritikern vertraut, um Pandemien und Politik, um Österreichs Zustand und Mr. Kurz, um Fleischindustrie und Existenzphilosophie... Diesem Kurzschluss sollte man nicht vertrauen. Unterlegt ist das Schicksal des weit gereisten, listenreichen, mediterranen Helden Odysseus, der sich in eine Geschichte mit der Zauberin Kirke verstrickt, die seine Gefährten in Schweine verwandelt. Gespielt wird nicht nur um Profanes. Frau Jelinek spricht Mythisches an, die Krankheit zum Tode, vergewaltigte Natur, Verwandlung und Vernichtung.

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