Helden der Kindheit: Rausgeworfen und verurteilt

Laut und lustig: so sah Roseanne in den Neunzigern aus
Laut und lustig: so sah Roseanne in den Neunzigern aus(c) imago/ZUMA Press (imago stock&people)
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Man wird „Die Cosby Show“ und „Roseanne“ nie mehr mit Vergnügen schauen können, nachdem die Hauptfiguren gekündigt wurden oder sogar im Gefängnis sitzen.

Jetzt geht sie also ohne die Matriarchin weiter: In der ersten Folge der Sitcom „The Conners“, dem Nachfolger von „Roseanne“, die jetzt in den USA zu sehen war, wurde das weibliche Familienoberhaupt der Familie hinausgeschrieben.

Dabei hatte es kurz so ausgesehen, als hätte „Roseanne“ – im Gegensatz zu anderen wiederaufgenommenen Serien – die Zeit gut überstanden. Der Humor der Neuauflage war immer noch so bissig wie damals und die Einschaltquoten passten. Dass die Hauptfigur Trump-Fan ist? Geschenkt. Dass die Hauptdarstellerin und Produzentin öfter mal mit Verbalentgleisungen auffiel? Verzeihbar. Aber dass sie eine Beraterin von Ex-Präsident Barack Obama als Kreuzung von „Muslimbruderschaft“ und „Planet der Affen“ bezeichnete, ging dann doch zu weit. Der Sender hat Roseanne Barr, die der Serie ihren Namen gab, nach diesem rassistischen Tweet gefeuert.

Die Originalserie „Roseanne“, die in den USA von 1988 bis 1997 lief, gehörte in eine Zeit, in der das Fernsehen noch Lagerfeuer der Nation war. In der man mit der Familie gemeinsam am Abend geschaut hat. Sich amüsiert hat über diese amerikanische Unterklasse-Familie, die trotz ihrer Niederlagen nie am Boden lag. Und bei der man viel nicht verstanden hat. Wieso kosteten Ärzte und Krankenhäuser in der Serie etwas? Wieso waren die Conners immer knapp bei Kasse, obwohl beide Elternteile arbeiteten? Man lachte trotzdem mit und über die Conners.

Das vielleicht schlechteste Ende der Fernsehgeschichte

Gerade bei „Roseanne“ hatte man sich ein neues, ein versöhnliches Ende gewünscht, denn das Finale der Originalserie gehört zu den vielleicht schlechtesten, sicher aber umstrittensten der Fernsehgeschichte. Nach dieser verrückten letzten Staffel, in der die Conners groß im Lotto gewonnen hatten, wurde am Schluss noch einmal alles umgedreht. Der Gewinn war nur ein Traum, die Wirklichkeit sah anders aus: Dan tot, Tante Jacky lesbisch (nicht Oma Beverly) und die Partner der Töchter Darlene und Becky vertauscht. Kein Wunder, dass die Ereignisse der neunten Staffel bei der Wiederaufnahme der Serie einfach ignoriert wurden.

Nach Barrs Rauswurf ist der Blick zurück weniger von Nostalgie geprägt als von der Frage: War Roseanne immer so daneben und mir ist es nicht aufgefallen?

Schlimm wird es, wenn Helden der Kindheit verurteilt werden wie Bill Cosby. Wer hätte gedacht, dass der Mann der den gütigen Familienvater Cliff Huxtable so überzeugend darstellte, in seiner Freizeit Frauen betäubte und sexuell nötigte? (Dass die Gynäkologenpraxis der Serienfigur im Keller war, hätte möglicherweise ein Hinweis sein können).

Nie wieder wird man „The Cosby Show“ schauen können, ohne daran zu denken, was Der Hauptdarsteller getan hat. Nie wieder „Roseanne“, ohne zu überlegen, was noch Witz ist und was diskriminierend.

Nicht mehr magisch

Dass der Blick zurück Illusionen zerstören kann, kennt man. Etwa, wenn man Orte der Kindheit besucht und diese plötzlich nicht mehr magisch sind, sondern profan – und sogar traurig. Die Tiere im Zoo? Hinter Gittern. Die Rutschen im Wasserpark? Schäbig und irgendwie grauslich.

Bill Cosby: ein verurteilter Sexualstraftäter. Roseanne: Autorin rassistischer Tweets. Nun sind auch die Fernsehhelden der Kindheit entzaubert.

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