Was ist Journalismus wert?

Qualitative Journalismusförderung ist Demokratieförderung: Demokratie ist ohne seriöse Information gar nicht denkbar.

Das Thema Presseförderung wird seit Jahren vor allem branchenintern und mit geringer öffentlicher Aufmerksamkeit abgehandelt. Wir reden schließlich über die überschaubare Summe von jährlich 8,8 Millionen Euro, die nach dem Gießkannenprinzip an österreichische Tages- und Wochenzeitungen und einige Bildungseinrichtungen verteilt werden.

Die Debatte sollte die Öffentlichkeit aber interessieren. Denn es geht um den Zusammenhalt der Gesellschaft, um Orientierungshilfe und einen qualitätsvollen öffentlichen Diskurs. Es geht um Journalismus, um nichts Geringeres als die „Infrastruktur der Demokratie“, wie es Matthias Karmasin formuliert. Eben diese Infrastruktur wird zunehmend in Mitleidenschaft gezogen. Ungeprüfter Content, als Journalismus getarnte Werbung, Gerüchte und Ideologien sind im Überfluss und gratis verfügbar.

Guter Journalismus aber, der auf Basis professioneller Standards und ethischer Grundlagen Themen selektiert, Fakten recherchiert und Urteile fällt, verliert in dieser Informationsflut zunehmend an Boden. Wenn also Medienminister Thomas Drozda (SPÖ) heute im Rahmen einer Enquete mit Branchenvertretern und Expertinnen über „Medienförderung neu“ diskutiert, ist die Kernfrage: Wie kann guter Journalismus gefördert werden?

Weg vom Gießkannenprinzip

Im Zentrum einer Medienförderung muss die journalistische Qualität stehen. Sie darf nicht wie bisher eine Zuwendung sein, die „gleichmäßig auf alle förderungswürdigen Tageszeitungen verteilt“ wird, wie es die aktuelle Fassung des Presseförderungsgesetzes formuliert. Nun lässt sich über Qualitätsstandards trefflich streiten. Aber sie müssen Bedingung für die Vergabe von Medienförderung sein: Pluralität, Einhaltung des Trennungsgrundsatzes zwischen Bericht und Meinung, Transparenz, klare professionelle Richtlinien und Mitgliedschaft im Österreichischen Presserat zählen dazu.

Medienförderung darf dabei freilich nicht inhaltlich eingreifen, ihre Standards muss die Branche selbst definieren. Aber über Medienförderung können Prozesse der Qualitätssicherung und des Qualitätsmanagements gefördert und eingefordert werden. Dazu zählt auch die kontinuierliche Fortbildung von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. In einem Wissensberuf wie dem Journalismus ist Fortbildung unverzichtbar.

Darüber hinaus sind strukturelle Änderungen der Medienförderung dringend notwendig. Eine Trennung nach Mediengattungen – in Presseförderung, Rundfunkförderung, Publizistikförderung – ist in einer digitalen Welt unzeitgemäß. Statt des Erhalts überkommener Strukturen gehören in einer konvergenten, globalisierten Medienbranche innovative und international anschlussfähige Experimente ermutigt.

Ob der Qualitätsjournalismus dann auf Papier, im Radio oder Fernsehen, auf einem Smartphone oder Laptop konsumiert wird, ist nicht entscheidend. Nicht das Medium, sondern der Inhalt ist die Message. Deshalb braucht es eine reformierte und deutlich erhöhte Journalismusförderung seitens der Gesellschaft, seitens des Bundes.

Qualitative Journalismusförderung ist Demokratieförderung: Demokratie ist ohne seriöse Information nicht denkbar.

Dr. Daniela Kraus ist Geschäftsführerin der Wiener Fortbildungseinrichtung Forum
Journalismus und Medien (FJUM).

E-Mails an:debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.09.2016)

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