Gastkommentar

Wie veraltete Regeln Uber in die Knie zwingen sollen

Lobbyarbeit von Taxi-Innung und Wiener Funkzentralen war erfolgreich.

Das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Wien gegen Uber, wonach der Fahrdienstvermittler gegen die Mietwagenverordnung verstoße, macht vor allem eines deutlich: Das „Gelegenheitsverkehrsgesetz“ als Beispiel für Verordnungen aus dem vergangenen Jahrhundert hat in der digitalen Realität von heute keinen Platz mehr.

Anfang Oktober bestätigte das OLG ein erstinstanzliches Urteil, wonach Uber gegen die Mietwagenregelung verstoße. Darin heißt es beispielsweise, dass „mit Mietwagen nach Beendigung des Auftrages wieder zu einer Betriebsstätte des Gewerbetreibenden zurückzukehren ist“ (§36/Abs.3). Das bedeutet: Im Unterschied zu Taxis dürfen Uber-Fahrer keine Fahrgäste auf der Straße „auflesen“.

Zwei Taxiunternehmen haben einen mit Uber kooperierenden Mietwagenbetreiber auf Unterlassung geklagt, das Wiener Handelsgericht gab diesen recht, eine einstweilige Verfügung folgte. Der beklagte Mietwagenbetreiber legte Rekurs ein, blitzte jedoch beim OLG ab. Neben dem „Vorschrift ist Vorschrift“-Argument bemühen die Taxibetreiber gar den Begriff der „Waffengleichheit“. Eine zynische Forderung. Welche Waffen sind hier gemeint?

Etwa die zahlreichen, nur den Taxis vorbehaltenen Standplätze, die nicht nur oft leer stehen, Raum besetzen und Taxlern Gelegenheit für einen Tschick bei laufendem Motor bieten? Oder vielleicht die Straßenspuren, die Taxis und Bussen vorbehalten sind?

Welche „Waffen“ hat Uber?

Wie aber sieht es mit Ubers Waffen aus? Eine relativ simple, auf GPS basierende App und niedrigere Preise einerseits sowie teilweise begeisterte handyaffine Konsumenten andererseits.
Darüber, dass sogenannte Leerfahrten weder wirtschaftlich noch ökologisch sinnvoll sind, besteht in der Bevölkerung ein breiter Konsens. Bürokratische Engstirnigkeit und als Folge unvermeidbare Leerfahrten werden am Beispiel des Wiener Flughafens deutlich: Ein Wiener Taxi muss von dort „leer“ in die Stadt zurückkehren, weil es die Politik so möchte. Umgekehrt gilt dasselbe.

Veraltete Regelungen

Geradezu haarsträubend aber ist, wie beharrlich sich Behörden und die Wirtschaftskammer gegen neue Technologien stemmen. Anstatt das – aus den 1980er-Jahren (sic!) stammende – Gelegenheitsverkehrsgesetz an die Gegenwart anzupassen, einen fairen Wettbewerb zu ermöglichen und die Bedürfnisse der Konsumenten ins Zentrum zu stellen, blickt man lieber zurück und bedient Partikularinteressen.

Dennoch – ein Lob an die Lobbyarbeit der Taxi-Innung und der beiden Wiener Funkzentralen. Man darf in diesem Zusammenhang jedoch eines nicht vergessen: Uber ist für die Funkzentralen die Pest. Nur der veraltete Status quo sichert deren Geschäftsmodell ab. Es besteht darin, den Kunden zu zwingen, dort anzurufen, dafür viel Geld zu verlangen, vermittelt über eine Hardware, für die die Taxler unverhältnismäßig viel zahlen müssen. Ein lohnendes Geschäftsmodell für die Zentralen, von denen 50 Prozent aller Taxis abhängig sind. Da haben Unternehmen à la Uber natürlich keinen Platz.

Das Thema Digitalisierung beziehungsweise deren Folgen für Arbeit und Gesellschaft kam im nun endenden Wahlkampf erneut zu kurz. Bleibt zu hoffen, dass eine künftige Regierung die Gelegenheit am Schopf packt, um unsinnigen sowie veralteten Regelungen, wie dem Gelegenheitsverkehrsgesetz oder der Gewerbeordnung den Laufpass zu geben.

Johannes Wesemann (46) hat als Generalmanager Uber nach Österreich gebracht. Heute betreibt er mit einer Gruppe von Unternehmern die Plattform Strudel, die für Unternehmen, Start-ups und Investoren digitale Firmen baut und internationalisiert.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.10.2017)

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