Das Handy vor der Kirchentür

Der Wiener Polizei ist also, wie wir in der Vorwoche erfuhren, der größte Coup seit langem gelungen.

Der Wiener Polizei ist also, wie wir in der Vorwoche erfuhren, der größte Coup seit langem gelungen. Sie hat den Diebstahl der wertvollen Stradivari-Geige geklärt. Die Täter waren eine Einbrecherbande angeblicher Asylanten aus Georgien, diesem Land im Osten, das die Amerikaner Georgia nennen; wahrscheinlich würde nicht einmal George W. Bush es mit dem gleichnamigen amerikanischen Bundesstaat verwechseln.

Verbrecher aus dem Osten – Wasser auf den Mühlen der von den Gutmenschen so heftig befehdeten Gegnern allzu liberaler Asylpolitik? Aber auf unsere Sicherheitsbehörden ist, wie das Beispiel zeigt, Verlass.

Freilich nicht immer. In Wien werden die Wohnungseinbrüche immer häufiger, und laut Statistik sind die Täter zumeist Ausländer. In der Fußgängerzone sind freche Taschendiebstähle an der Tagesordnung. Und die Polizei? Man darf wieder Weinheber zitieren: Bei sowas segn'S kan Wachmann net! Aber wir wollen ja – siehe wieder unter „Gutmenschen“ – kein Polizeistaat sein.


Wien darf nicht Chicago werden – so plakatierte einst die FPÖ vor Gemeinderatswahlen. Touristen aus den USA könnten versucht sein, zu fordern: Chicago darf nicht Wien werden. Oder, um in Europa zu bleiben: Venedig, Madrid, Berlin – bitte nicht Wien werden! Aber seien wir gerecht: In Buenos Aires hat man mir vor Jahren im Gedränge die Geldbörse aus der Hose gestohlen, einfach so. Und in Rom meiner Frau den Pass aus der Handtasche. Was soll's also?

Ich glaube auch, dass die aus den Staaten Osteuropas nach Wien einfallenden Banden Österreichs Bundeshauptstadt nur als Durchgangsort betrachten. Die Bettler-Mafia ausgenommen. Die hat sich, wie nicht nur den innerstädtischen Kirchenbesuchern längst klar geworden ist, in Wien offenbar heimisch eingerichtet. Vor dem Riesentor des Stephansdoms habe ich einen Mann gesehen, der auf der Erde kauerte und mit der rechten Hand bettelte, während er mit der linken ein Handy ans Ohr hielt. Aber nur kurz. Vielleicht war die Nummer besetzt.

Ostkriminalität? Noch einmal soll Weinheber zu Wort kommen: Was brauch ma denn des alles, net? Is eh gnua do!


Der Autor war langjähriger Chefredakteur und Herausgeber der „Presse“.


chorherr@diepresse.com("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.06.2007)

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