Glaubensfrage

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Kardinal Christoph Schönborn während dem Pfingsthochamt am Sonntag, 9. Juni 2019.
Kardinal Christoph Schönborn während dem Pfingsthochamt am Sonntag, 9. Juni 2019.APA
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Zu Pfingsten ist in den Kirchen aus der Bibel zu hören, wie die Apostel zu allen in allen Sprachen sprechen. Heute gelingt es nicht einmal unter Christen, sich zu verständigen. Die Causa Bischof Alois Schwarz gibt ein Beispiel.

Gerechtigkeit für den viel gescholtenen Bischof Alois Schwarz, der nach einer am Ende glücklosen Amtszeit in Kärnten jetzt in St. Pölten werkt? Da werden von der Kirche allerlei Reformen verlangt, und wenn endlich einmal ein Bischof Reformen tatsächlich angeht, wenn er so richtig anpackt, die Strukturen aufschüttelt, entstaubt, Doppelgleisigkeiten beseitigt, dann passt es auch wieder nicht.

Bischof Alois Schwarz macht genau das. Aber: Was immer der Mann tut, stößt intern auf Kritik und Protest. Das Leben ist ungerecht. Er könnte einem fast leidtun. Warum nur fast?

Widerstände sind bei jeder Neuerung in jeder Organisation ein naturgesetzliches Phänomen. Ein Bischof wird auch dafür bezahlt (und geweiht) zu gestalten, den Auftrag der Kirche bestmöglich in der Gegenwart zu erfüllen, was bedingt, Entscheidungen zu treffen, gegebenenfalls auch unpopuläre. Das ist ja schließlich auch das Praktische an einem derartigen Kirchenamt. Das Kirchenrecht gibt den Diözesanbischöfen fast uneingeschränkte Rechte in deren örtlichem Wirkungsbereich. Eine Abwahl wie in der Politik haben sie nicht zu fürchten, eine Absetzung durch Eigentümer wie in der Wirtschaft auch nicht. Papst und Vatikan sind weit weg. Man muss sich schon Böses zuschulden kommen lassen, um versetzt und besonders Verwerfliches, um degradiert zu werden.

Zurück zu Alois Schwarz. Weder ist bekannt, dass er Verwerfliches getan hätte, noch steht es zu vermuten. Er hat wohl nicht den Buchstaben des Kirchenrechts zuwidergehandelt. Aber der Herr Bischof hat in seinem anerkennenswerten Reform-Eifer auf Wesentliches vergessen: die Mitarbeiter. Sie mitzunehmen auf jeder Reise in Neues, gebietet schon der gesunde Menschenverstand. Für jemanden in Führungsfunktion – und ein Bischof befindet sich in dieser Funktion, so fremd das in frommen Ohren klingen mag – ist es ein Muss. Für einen Bischof erst recht, es sei denn, er fühlt sich der Tradition vor dem jüngsten Konzil verpflichtet. Es führte kein Weg vorbei an Transparenz, Einbinden in Entscheidungen und Schaffen einer angstfreien Atmosphäre. In St. Pölten ist das Gegenteil passiert.

Christen werden ohnehin selten verstanden. Dass es selbst untereinander zu gravierenden Verständigungsproblemen kommt, das zeigt nicht nur die Causa Schwarz. Weltweit liegen fast Welten zwischen den Ausgestaltungen der katholischen Kirche einzelner Länder und Kontinente. Der von Papst Franziskus erst am Freitag angeordnete zweijährige Synoden-Prozess, der im Herbst mit Beratungen der Ortskirchen startet, ist ein Überraschungs-Coup. Ob man auf so etwas wie ein Pfingstwunder eines neuen Einander-Verstehens hoffen darf? Aber ja.

dietmar.neuwirth@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2021)

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