Morgenglosse

Die Covid-Maskerade der Regierung

Es wird kalt, die Politik winkt wieder mit einer Maskenpflicht. Dass sich die Bevölkerung daran halten wird, darf bezweifelt werden. Zu oft waren die Anweisungen der Politik unlogisch, inkonsequent – und vor allem unfair. Die Wiedereinführung zeigt, dass das an die Wand gefahrene Gesundheitssystem kaum den Normalbetrieb stemmen kann.

Noch durchsichtiger geht es eigentlich nicht: Am Präsidentschaftswahltag verkündete die Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer, dass die Maskenpflicht nur noch eine Frage von „Tagen“ sei. Man hatte sie vorher also nur nicht eingeführt, um den Kandidaten aus dem rechten Lager keinen Antrieb zu geben. Vor der Budgetrede am Mittwoch wäre eine Maskenpflicht irgendwie auch wenig angenehm. Also wäre Ende der Woche vielleicht ein opportuner Zeitpunkt? Eigentlich ist das aber auch egal: Denn schon jetzt zeigt die Bevölkerung nur mehr minimale Bereitschaft, sich an derartige Verordnungen zu halten. Und daran sind Politik wie Experten selbst schuld.

Die Maskenpflicht hat in den öffentlichen Verkehrsmitteln in Wien nie aufgehört zu existieren. Manche tragen sie, manche nicht - es darf bezweifelt werden, dass diese Entscheidung noch irgendwas mit den vorgegebenen Regeln zu tun hat. Denn die gehen schon seit Langem bei einem Ohr rein, und beim anderen wieder hinaus. Zu oft hat man die Spielregeln verändert, oft waren sie unlogisch und unglaubwürdig. Man erinnere an einen Lockdown, der zuerst „auf keinen Fall“ kommen sollte, und dann doch kam. Freilich viel länger als zuerst angekündigt und versprochen - zum wiederholten Male. Oder man erinnere sich an die im Gegenzug angekündigte Impfpflicht, die dann doch abgeschafft wurde und zum Schluss all jenen, die sich bisher an alles gehalten haben, signalisierte: Die, die sich an nichts gehalten haben, haben am Schluss gewonnen. Das demonstrierte zuletzt auch die Aufregung um den Suizid der Ärztin Lisa-Maria Kellermayer.

Systemversagen

Und dann kommt noch etwas dazu: Die Bevölkerung fürchtet sich wohl mehr vor tiefgreifenden Maßnahmen wie Lockdown oder Schulschließungen, die in den vergangenen Jahren der Maskenpflicht in der kalten Jahreszeit rasch folgten als vor der Krankheit. Bei vielen hat dieser Freiheitsentzug zu einer Überlastung und Traumatisierung geführt, die nachwirkt. Studien belegen die massive psychische Belastung.

Die Krankheit selbst ist heute mit Impfung und Medikamenten gut behandelbar. Die Spitäler sind nicht besonders voll. Nur: Die Politik hat das Gesundheitssystem so an die Wand gefahren, dass die Spitäler momentan nicht einmal den Normalbetrieb ordentlich stemmen können. Jede zusätzliche Belastung ist ein riesiges Problem. Auch daran ist die Politik selbst schuld, die sich in den vergangenen Jahren trotz Beteuerungen nicht um das überlastete Personal gekümmert hat. Der Arbeitskräftemangel insgesamt öffnet für viele im Gesundheitswesen neue Perspektiven, das Personal läuft in Scharen aus den Spitälern davon, es kommt zu wenig Nachwuchs. Warum sollte man da auch arbeiten wollen? Wegen dem „guten Gehalt“? Oder den guten Arbeitsbedingungen? Es wäre keine Raketenwissenschaft, den Beruf zu attraktivieren. Es ist eine Geld- und Prioritätenfrage.

Statt diesen Missstand auszugleichen, setzt die Politik wieder darauf, die Gesellschaft das ausbügeln zu lassen: Mit Maskenpflicht, und bald vielleicht auch wieder tiefergreifenden Einschnitten. Das alles ist aber gesellschaftlicher Sprengstoff: Teuerung, Energiekrise und ein Krieg schüren Ängste und Wut – aber gleichzeitig das Bewusstsein, wie kostbar Freiheit ist. Die Regierung wäre gut beraten, sich dieses Mal genau zu überlegen, an welchen Schrauben man drehen will, wenn man die Glaubwürdigkeit und Gefolgschaft zurück haben möchte. Vielleicht hat die Politik noch einmal Glück und etwas mehr Zeit zum Nachdenken: Die Welle scheint gerade (wohl aufgrund der wärmeren Tage) noch einmal abzuflachen.

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