Happy Fake News Year!

Homerische Weisheit
Homerische WeisheitThe Simpsons
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Jahreswechsel. Hochzeit für Zukunftsforscher, Prognostiker, Glaskugelschauer, Auguren und andere Seher. Getürkte Fakten gibt es 2019 sicher wieder. Auch medial.

Uns vom Sprachbildhauerspielplatz „Pizzicato" fehlt ja ehrlich gesagt (wir maßen uns das jedenfalls nicht so an wie andere) eine Nostradamusgabe.  Doch ahnen wir: Auch 2019 wird in der Welt gelogen, erfunden, verschwiegen, verzerrt, über- und untertrieben, beschönigt, heruntergespielt, unterdrückt, relativiert, vorsätzlich und fahrlässig falsch oder denkmöglichst negativ interpretiert, weggesehen, nur-vereinzelfallt, politkorrektisiert und durch die jeweilige ideologische Brille geschaut werden, dass sich die armen Fakten nur so biegen.

Als ob nicht schon genug Wahrheiten leicht entstellt als gefährlichste Unwahrheiten herumlaufen. Und halbe Wahrheiten als große Lügen.

Aber große Dichter wie Rabindranath Tagore (1861 - 1941) meinen ja, dass sich Wahrheit „in Tatsachen gekleidet eingeengt fühlt, im Gewand der Dichtung aber leicht und frei bewegt"; der Robert Menasse in Österreich wiederum findet, was kümmere ihn „das Wortwörtliche", wenn es „um den Sinn geht". Nun ja.

Also drücken wir Journalisten-Künstler-Chimären vom Pizzicato aus, dass jedenfalls auch in unserem speziellen Schreibweltraum die Schwerkraft des Faktischen oft eine geringere ist, ja sogar sein muss. Wir erfinden oft Zitate, Dialoge, Begebenheiten, ja müssen das – und „unser Ziel ist und bleibt die Überwindung der Resignation und Stagnation und die Organisation eines nach-humorlosen Mediums".

Wie gesagt, wir dürfen das auch. Der Rest des Blattes bitte nicht. (wg)

Reaktionen an: wolfgang.greber@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.12.2018)

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