Das Bessere ist der Feind des Optimalen

Unerwartete Konkurrenz: Der größere und teurere Kia Optima hat als Kombi weniger Laderaum.
Unerwartete Konkurrenz: Der größere und teurere Kia Optima hat als Kombi weniger Laderaum.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Der an sich empfehlenswerte Kia Optima leidet unter starker Konkurrenz – ausgerechnet aus dem eigenen Haus. Der kleinere (und preiswertere) Ceed punktet vor allem mit einer zentralen Kombi-Tugend.

Der europäische Automarkt ist kein Ponyhof. Große Wachstumszahlen sind schon lang nicht mehr drin, Marktanteile erstreitet man von der Konkurrenz, die hier so dicht ist wie kaum anderswo auf der Welt – „mit sieben oder acht Prozent Marktanteil zählt man in Europa schon zur obersten Liga“, beschrieb Toyotas Europa-Chef die besondere Lage.

Der Ceed ist auch generell fein gelungen und misst sich gern mit Octavia und Co.
Der Ceed ist auch generell fein gelungen und misst sich gern mit Octavia und Co.(c) Juergen Skarwan

Für diese Gangart ist Kia, zusammen mit Hyundai die Nummer fünf der Welt, an sich gut aufgestellt – immer noch Eroberermarke, vom Billigheimer allerdings längst zur salonfähigen Alternative gemausert. Bestes Beispiel: der Kia Optima, ein vor allem als Kombi sehr gefälliges 4,8-Meter-Exemplar mit bis 238 PS starken Motoren im Sortiment.

Allrad fehlt

Realistischer ist aber eine Nummer kleiner im Motorraum, so hatte unser Testexemplar einen 1,6 Liter großen, direkteinspritzenden Turbobenziner mit 180PS, der dank Partikelfilter schon fit für die Abgasnorm Euro-6d-Temp ist. Die sieben Gänge verwaltet eine Doppelkupplungsautomatik. Auf Antriebsseite vermisst man allenfalls die Allradoption – der Optima ist nur mit Frontantrieb zu haben.

Doch ein kleiner Makel in unseren Breiten, wo sich in den vergangenen Wochen Situationen einstellten, in denen sich vier angetriebene Räder schnell bewähren konnten. Davon abgesehen, also die meiste Zeit des Jahres, lebt es sich fein mit dem durchzugsstarken Motor und dem geschmeidig die Gänge variierenden Getriebe. Verbrauchsseitig operiert man mit unter acht Litern im Schnitt, im strengen Winter vielleicht auch einmal darüber.

Der Komfort an Bord ist überbordend. Nähert man sich dem Auto, surren die Spiegel in Position und werfen Leuchtspots um den Bereich der Türen, die sich mit Berührung der Griffe entriegeln. Innen Leder und Wohlgefallen, wohin man schaut und greift; vom beheizbaren Lenkrad über belüftete Sitze bis zu umfassender Konnektivität, Harman-Kardon-Sound und Voll-LED-Scheinwerfer wüsste man nicht, welche Option ausständig wäre – mehr als die opulente Ausstattung GT-Line geht auch nur mit erwähntem 238-PS-Zwei-Liter-Aggregat.

Markenadel auch

Auffallend, wie zuverlässig der adaptive Tempomat mit aktivem Spurhalten arbeitet. So hätten wir uns das in manch einem Luxusgeschöpf gewünscht.

Da halten wir freilich in preislichen Regionen, die für das Gebotene gerechtfertigt sein mögen, in denen bei uns allerdings doch etwas mehr an Markenadel eingefordert wird – als Nicht-SUV fällt das einem Kia dieser Tage besonders schwer. Und dazu kommt noch die Konkurrenz aus dem eigenen Haus. Denn der kompakte Ceed ist eigentlich auf der Welt, um VW, Opel und Škoda das Leben schwer zu machen. Das konnte er nie so gut wie in neuester Generation, die insgesamt so wirkt, als wäre zuletzt eine übersprungen worden.

Kias neuer Kompakter ist mehr als eine Klasse besser als sein schon recht respektabler Vorgänger. Er misst sich daher nicht nur mit Golf, Astra und Octavia, sondern auch mit dem Optima aus dem eigenen Haus – dem er in der ursprünglichsten aller Kombi-Disziplinen sogar deutlich Meter abnehmen kann.

Aber zunächst zur Testanordnung. Während das Siebengang-DCT das gleiche ist, treibt ein 1,4-Liter-Turbobenziner (ebenfalls mit Partikelfilter) kraft seiner maximal 140 PS an. Da der 4,6 Meter lange, damit 20 Zentimeter kürzere Ceed leichter als der Optima ist, fühlt sich das nicht wirklich minder motorisiert an. Der Motor legt sich sogar mit mehr Verve aus unteren Drehzahlen ins Zeug und erlaubt sich beim forcierten Hochdrehen, bei allem sonstigen Benimm, einen kernigen Spruch.

Vor allem aber bietet der Ceed-Kombi Platz. Das Volumen unter der elektrisch aufschwingenden Heckklappe ergibt mit 625 Litern (maximal: 1694) einen Wert, der sogar noch den Škoda Octavia Combi übertrumpft – und erst recht den Optima mit seinen fünfhundert-irgendwas. Das Geheimnis: steilere Scheiben, eine geradere Heckpartie. Und übler sieht er deswegen trotzdem nicht aus.

KIA OPTIMA SW GT-LINE 1.6 T-GDI DCT

Maße: L/B/H: 4855/1860/1470 mm. Radstand: 2805 mm. Leergewicht: ca. 1600 kg. Ladevolumen: 552–1490 Liter.

Motor: R4-Zylinder-Otto-Turbo, 1591 ccm. Leistung max.: 132,4 kW (180 PS) bei 5500/min. Drehmoment max.: 265 Nm bei 1500–4500/min.

0–100 km/h in 8,9 sec. Vmax: 210 km/h.

Frontantrieb. Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe.

Testverbrauch: 7,5 l/100 km.

Preis: ab 47.890 Euro.

KIA CEED SW PLATIN 1.4 T-GDI DCT

Maße: L/B/H: 4600/1800/1465 mm. Radstand: 2650 mm. Leergewicht: ca. 1400 kg. Ladevolumen: 625–1694 Liter.

Motor: R4-Zylinder-Otto-Turbo, 1353 ccm. Leistung max.: 103 kW (140 PS) bei 6000/min. Drehmoment max.: 242 Nm bei 1500–3200/min.

0–100 km/h in 9,4 sec. Vmax: 205 km/h.

Frontantrieb. Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe.

Testverbrauch: 7,6 l/100 km.

Preis: ab 32.790 Euro

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.01.2019)

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