EU droht USA mit Klima-Strafzoll

AP
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Importe aus Ländern, die sich wenig für den Klimaschutz engagieren, sollen belastet werden. Doch Experten warnen, der Vorschlag würde WTO-Regeln widersprechen und zu neuen Handelskriegen führen.

Brüssel/Wien. Wer nicht umweltfreundlich produziert, für den soll es künftig hohe Zölle setzen. Mit diesem Vorschlag macht jetzt die EU-Kommission gegen Hersteller in Drittländern mobil. Im Visier der obersten europäischen Verwaltungsbehörde sind laut Informationen, die der "Presse" vorliegen, vor allem die USA, China und Indien. Diese sind auch die wichtigsten Handelspartner der 27 EU-Staaten.

Die Maßnahme soll nicht nur den Klimaschutz stärken, sondern auch den Wettbewerbsnachteil für europäische Unternehmen kompensieren, die teure CO2-Zertifikate erwerben müssen. Die EU hat sich im Vorjahr zur Reduzierung ihres CO2-Ausstoßes um minus 20 Prozent bis 2020 (auf der Basis von 1990) verpflichtet. Große Konkurrenten wie die USA oder China beteiligen sich hingegen derzeit nicht an den im Kyoto-Protokoll vereinbarten Klimaschutz-Zielen. Ihre Unternehmen können deutlich günstiger produzieren, weil sie keine Schadstoff-Zertifikate erwerben müssen.

Widerstand in der Kommission

Am 23. Jänner will die Kommission dieses Modell den 27 EU-Ländern vorlegen. Wenn es überhaupt so weit kommt: Denn innerhalb der Brüsseler Behörde macht sich Widerstand breit. Handelskommissar Peter Mandelson hat sich dem Vernehmen nach klar gegen einen solchen Vorschlag ausgesprochen. Der Brite warnte vor Konflikten mit den USA und China. Umweltkommissar Stavros Dimas sprach sich angeblich für derartige Strafzölle aus.

Unter den Mitgliedstaaten gibt es Sympathien für eine solche Regelung. So wird argumentiert, dass es einen Ausgleich für die hohen Klimaschutz-Auflagen in der EU geben müsse. Auch wird darauf verwiesen, die USA würden derzeit den höchsten Anteil pro Kopf an Treibhausgasen produzieren. Der erste Vorschlag für Klima-Strafzölle kam im vergangenen Herbst vom französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy, der vor einer Wettbewerbsverzerrung gewarnt hatte, sollte die EU im Alleingang strengere Klima-Schutzmaßnahmen ergreifen.

Widerspruch zu WTO-Zielen

Experten warnen allerdings vor einem Strafzoll. Fredrik Erixon vom European Centre for International Political Economy (ECIPE) sieht ein solches Vorgehen im klaren Widerspruch zu den WTO-Zielen. Die Welthandelsorganisation bemüht sich seit Jahrzehnten um den Abbau von Zöllen. Erixon warnt ebenfalls vor einem neuen Handelskrieg zwischen der EU, den USA und China. "Ich bin allerdings sicher, dass es gar nicht zu einem solchen Zoll kommen wird", so Erixon im Gespräch mit der "Presse".

Die Diskussion über derartige Strafmaßnahmen würde laut Experten auch die Klimaverhandlungen belasten. Nach der Klimakonferenz auf Bali wird derzeit versucht, die USA, China und Indien in den gemeinsamen Kampf gegen den Klimawandel einzubinden. Derartige Querschüsse der EU könnten das Gesprächsklima zerstören. Die USA tragen immerhin fast ein Viertel des weltweiten Ausstoßes von CO2 bei, China kommt auf 17 Prozent.

"Hin- und hergerissen" fühlt sich der energiepolitische Sprecher der CDU/CSU im Europaparlament, Herbert Reul: CO2-belastete Produktion zu besteuern, wäre "sehr verständlich". Andererseits bekenne sich Europa zum Freihandel, Klima-Zölle wären daher "nicht ganz konsequent". Reuls Lehre aus dem ehrgeizigen EU-Plan von minus 20 Prozent: "Es ergibt keinen Sinn, voll Begeisterung derart große Ziele zu verkünden, ohne sich überlegt zu haben, welche Schwierigkeiten dadurch für unsere Industrie entstehen."

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.01.2008)

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