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Kein Baum für Theodor Herzl oder: Selten so gepflanzt!

Wächst da was? Theodor-Herzl-Platz, Wien.
Wächst da was? Theodor-Herzl-Platz, Wien. (c) Wolfgang Freitag
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Vier grüne Punkte und das Nichts: Wiens Baumkataster zwischen Wunsch und Wirklichkeit.

Wien ist bekanntlich die superlativste Stadt der Welt. Die lebenswerteste quasi schon auf Abonnement. Die kulturellste, weil wir von nichts anderem so fest überzeugt sind. Und, seit Anfang des Jahres wissen wir es, mittlerweile sogar die grünste. Das heißt: zumindest die grünste Hauptstadt Europas, so der Befund einer britischen Plattform namens Compare the Market. Und jenseits aller Debatten über das Zustandekommen solcher Rankings könnte durchaus der Eindruck entstehen, auch im letztgenannten Fall sei etwas dran. Wienerwald! Lobau! Die Parkanlagen rund um den Ring! Oder sehen wir uns online den Baumkataster an, erstellt von den Wiener Stadtgärtnern (www.wien.gv.at/umweltschutz/umweltgut/). Wie es da nur so kreuz und quer durch die Stadt von grünen Punkten wimmelt – und jeder kleine grüne Punkt steht für einen ganzen Baum!

Zugegeben: nicht wirklich jeder. Auf dem Theodor-Herzl-Platz etwa, zwischen Hotel Marriott und Hotel am Parkring, sind zwar gleich vier grüne Punkte ausgewiesen, doch bei dreien muss sogar der Baumkataster einbekennen, hier befinde sich – nein, kein Baum, sondern ein „leerer Pflanzstandort“, am vierten Punkt wiederum weist er ein Bäumlein aus, das an Ort und Stelle freilich nicht zu finden ist. Warum, weiß Leser K.: „Die Stadt Wien hat 2004 dort vier Bäume gepflanzt, aber dann alles verdorren lassen.“ Drei Baumstümpfe stünden „seit Jahren anklagend zwischen Betonblöcken“; vom vierten ist nicht einmal mehr der Stumpf zu sehen.

So weit der Fall Theodor-Herzl-Platz. Stellt sich die Frage: Hinter wie vielen der hübschen grünen Punkte unseres hübschen Baumkatasters mögen sich sonst noch „leere Pflanzstandorte“ verbergen oder anderweitig das schiere Nichts? Was soll's, Wien ist die grünste Hauptstadt Europas – wenn nicht in Wirklichkeit, so wenigstens auf einem Onlineplan.

E-Mails an: wolfgang.freitag@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.10.2019)

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