Notruf nicht bearbeitet: 16.800 Euro Strafe für Polizist

Eine Frau hatte angegeben, ein fremder Mann sei vor der Tür. Der 54-jährige Beamte soll versprochen haben, eine Streife vorbeizuschicken. Das geschah nie, weil er nach eigenen Angaben eingeschlafen war.

Ein Polizist ist am Mittwoch in St. Pölten wegen Amtsmissbrauchs und versuchter Anstiftung zum Amtsmissbrauch zu 16.800 Euro Geldstrafe verurteilt worden. Der 54-Jährige soll laut Anklage einen nächtlichen Notruf weder weitergeleitet noch protokolliert haben. Der Beamte hatte die Vorwürfe bestritten und angegeben, nach dem Telefonat eingeschlafen zu sein. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Der Notruf war laut Anklage am 6. August 2018 um 4.05 Uhr eingegangen. Eine Frau hatte angegeben, ein fremder Mann sei vor der Tür, sie habe Angst und könne nicht schlafen. Der Angeklagte habe versichert, dass er eine Streife vorbeischicke, das sei jedoch nicht passiert, hatte die 59-Jährige am ersten Tag der Schöffenverhandlung vergangenen November im Zeugenstand berichtet. Am Vormittag hatte die Frau erneut bei der Polizei angerufen und gefragt, warum keine Streife vorbeigekommen sei.

Im Dienst eingeschlafen

Der Waldviertler, der seit rund 30 Jahren als Polizist arbeitet, gab an, während des 24-Stunden-Dienstes in einer Bezirksleitstelle im Mostviertel eingeschlafen zu sein. Laut Zeugenaussagen soll der Angeklagte hingegen gesagt haben, er habe keine Streife hingeschickt, weil es nicht notwendig gewesen sei.

Die Staatsanwaltschaft forderte im Schlussvortrag eine schuld-und tatangemessene Bestrafung. Dass sein Mandant nach Annehmen des Notrufs eingeschlafen sei, "konnte durch kein anderes Beweisergebnis widerlegt werden", sagte der Verteidiger. Der Rechtsanwalt forderte zu beiden Anklagepunkten einen Freispruch.

Der Beschuldigte sagte in seinen Schlussworten: "Ich bin da tatsächlich eingeschlafen. Es ist nicht rühmlich, es war viel los. Es tut mir leid", er habe sich auch bei der Anruferin entschuldigt. Der Vorwurf der Anstiftung zum Amtsmissbrauch sei durch eine "Reihe von Missverständnissen" zustande gekommen.

Richter: "Bewusst unterlassen, Streife zu schicken"

Der Angeklagte wurde zu einer unbedingten Geldstrafe von 480 Tagessätzen zu je 35 Euro verurteilt. Bei Nichteinbringung wurde eine Ersatzfreiheitsstrafe von 240 Tagen festgelegt. "Wir sind zum Schluss gekommen, dass Sie es bewusst unterlassen haben, dass eine Streife hingeschickt wird", sagte der Richter zum 54-Jährigen. Der Polizist wurde auch wegen versuchter Bestimmung zum Amtsmissbrauch schuldig gesprochen, weil er einen Kollegen aufgefordert haben soll, zu protokollieren, dass er mit Kollegen zur Adresse der Anruferin gefahren sei, sie aber keinen Mann mehr angetroffen hätten.

"Wir sehen keinen Grund, warum die Zeugen Sie falsch belasten sollten", begründete der Richter das Urteil. Der Lebensgefährtin des Angeklagten und ihrer Freundin, die am Mittwoch als Zeuginnen aussagten, habe man keinen Glauben geschenkt. Die beiden Frauen waren mit dem 54-Jährigen nach dem Dienst am 6. August im Auto gesessen, als sich ein Beamter telefonisch bei ihm wegen des nicht dokumentierten Notrufs erkundigte.

Sowohl Staatsanwaltschaft als auch Verteidigung gaben keine Erklärung ab. Das Urteil ist damit nicht rechtskräftig.

(APA)

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