„Am Ende hatte er ein Messer in der Hand“

Ein Zimmer in einem Wiener Frauenhaus. So sieht der Zufluchtsort für Frauen aus, die sich bedroht oder verfolgt fühlen.
Ein Zimmer in einem Wiener Frauenhaus. So sieht der Zufluchtsort für Frauen aus, die sich bedroht oder verfolgt fühlen.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Anna Steiner ist jung, gebildet, Mutter einer Tochter. Was niemand weiß: Sie wird von ihrem Mann geschlagen. Gehirnerschütterung, Splitterbruch, Würgemale – fünf Mal muss sie ins Krankenhaus, bis sie ihn verlässt. Dies ist ihre Geschichte.

Sie trafen sich in einer Bar, und es war so etwas wie Liebe auf den ersten Blick. Er, der gut aussehende Mann mit den dunkelbraunen Haaren und den haselnussbraunen Augen, der so viel Ruhe ausstrahlte. Sie, die kleine, dünne, blonde Frau mit dem quirligen Gemüt. „Ich habe ihn gesehen und mir gedacht: Den will ich. Das ist für mich der attraktivste Mann, den ich jemals kennengelernt habe.“ Ihm, wird er ihr später erzählen, geht es genauso.

Ein Mann trifft seine Traumfrau und umgekehrt. So kann man die Geschichte erzählen. Der erste Eindruck sollte sie nicht täuschen. Die beiden haben viele gemeinsame Hobbys, ergänzen sich perfekt. Sie, die temperamentvolle PR-Beraterin zieht ihn hinaus in die Welt, und er, der ruhige Steuerberater, erdet sie. „Ihr passt perfekt zusammen“, sagen Freunde. „Er ist der Typ Mann, den ich mir immer gewünscht habe“, sagt Anna Steiner, die ihren richtigen Namen nicht sagen will.

Und doch ist da eine innere Stimme, die sie warnt. Er ist schnell eifersüchtig. Kontrolliert ihr Handy. Glaubt ihr nicht, wenn sie sagt, dass sie keinen anderen hat. Gleichzeitig hebt er sie auf ein Podest. „Du bist so schön. Was willst du mit so einem wie mir?“ Sie versucht, die Beziehung langsam angehen zu lassen, sagt aber selbst: „Ich war bereits so verliebt.“ Er ist einfühlsam, kämpft um sie. „Er hat mich wirklich erobert, bis ich ihm vertraut habe.“ Sie probieren es.

Er ist der erste Mann, mit dem sie sich vorstellen kann, Kinder zu bekommen. Typ Kümmerer, Familienmensch. „Natürlich will man an so jemandem festhalten.“ Sie ist 33, er 35. Es dauert keine sechs Monate, da ist sie schwanger. Was für ein Glück. Doch es kommt anders. Im sechsten Monat verliert sie das Kind. Fehlgeburt. „Für so eine junge Beziehung ist das eine Belastung, die sie nicht tragen kann“, sagt sie heute. Sie gehen beide unterschiedlich damit um. Er zieht sich zurück, fällt in eine Krise. Kommt mit dem Schmerz nur schwer klar. Etwas triggert dieser Verlust in ihm. Sie fühlt sich alleingelassen, gleichzeitig schleicht sich die Angst ein: Was ist, wenn sie keine Kinder mehr bekommen kann?

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