Überraschende Wende: Zehn von elf IS-Angeklagten freigelassen

STEIERMARK: PROZESSFORTSETZUNG GEGEN MUTMASSLICHE JIHADISTEN
STEIERMARK: PROZESSFORTSETZUNG GEGEN MUTMASSLICHE JIHADISTENAPA/ERWIN SCHERIAU
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„Presse“ exklusiv: Für zehn von elf Inhaftierten in Graz öffneten sich die Gefängnistore.

Graz. Brisante Entwicklung im Strafverfahren gegen mutmaßliche Mitglieder einer terroristischen Vereinigung, nämlich der Terror-Miliz Islamischer Staat (IS): Auf Geheiß des Oberlandesgerichts (OLG) Graz (der 63-seitige Beschluss liegt der „Presse“ vor) wurden zehn von elf in U-Haft befindliche Angeklagte freigelassen. Nur einer, der bosnische Prediger Nedzad B. (43), blieb hinter Gittern. Der zwölfte Angeklagte, Farhad Q. (42), wird per Haftbefehl gesucht.

Die Freilassung ist bemerkenswert, da der Staatsanwalt im Juli, nach Fertigstellung seiner (noch nicht rechtskräftigen) Anklage, eigens die Verhaftung beantragt hatte. Das Landesgericht Graz hatte zugestimmt. Die Verteidiger, angeführt vom Anwalt von sechs Angeklagten, Wolfgang Blaschitz, hatten Haftbeschwerden eingebracht. Ein Drei-Richter-Senat des OLG Graz gab diesen (ausgenommen Nedzad B.) statt.

„Gesetz wurde verletzt“

In dem Beschluss wird das Grazer Landesgericht scharf kritisiert. Der OLG-Senat stellt mehrere Gesetzesverletzungen fest: „Die erstgerichtlichen Beschlüsse (...) stehen unter mehrfachen Gesichtspunkten mit dem Gesetz nicht in Einklang.“ Das Landesgericht habe es verabsäumt, den dringenden Tatverdacht (Voraussetzung für eine U-Haft) zu begründen. Und: Der Haftgrund Wiederholungsgefahr (Gefahr der Tatbegehung) sei indes falsch begründet worden.

Schon einmal, Mitte 2018, mussten einige Verdächtige, die seinerzeit erstmals in U-Haft saßen, auf Geheiß des OLG entlassen werden, weil das Ermittlungsverfahren so lange dauerte. Nun wurden einige dieser Leute also ein zweites Mal freigelassen. Der Vorwürfe: Die Verdächtigen sollen als Mitglieder von radikal-islamistischen Glaubensvereinen den IS unterstützt haben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.09.2019)

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