Handys: Die Lizenz zum Abhören

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Wie die Polizei ohne richterlichen Befehl auf den Mobilfunk zugreifen will.

Wien. Die geplante Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz klingt harmlos: Wenn eine aktuelle Gefahr für das Leben oder die Gesundheit eines Menschen besteht, dann sollen Mobilfunkbetreiber künftig verpflichtet werden, auch ohne richterlichen Befehl Standortdaten und die sogenannte IMSI-Kennung des Handys bekannt zu geben.

In den Erläuterungen wird dies mit dem immer wieder vorkommenden Fall eines Tourengehers begründet, der ein Mobiltelefon mitführt, aber infolge eines Unfalls nicht mehr im Stande ist, zu telefonieren. Mit Hilfe eines neu anzuschaffenden „IMSI-Catchers“ könne der Wanderer dann geortet werden.

„Das ist ein Vorwand“

Doch Telekommunikations-Experten sehen die Novelle keineswegs als harmlos an. „Das ist ein Vorwand“, urteilt Klaus Steinmaurer, Chef der Rechtsabteilung von T-Mobile Österreich.

Sein Argument: Eine Ortung von gefährdeten Personen gebe es schon längst. Die Hilfeleistungspflicht der Mobilfunkunternehmen sei im Telekommunikationsgesetz geregelt. In Notfällen müssen diese selbst eine Ortung von gefährdeten Personen vornehmen. Diese funktioniert mittels Kreuzpeilung: Das betroffene Handy wird von mehreren Funkmasten aus geortet. In dichtverbautem Gebiet kann der Standort so bis auf wenige Meter genau festgestellt werden. Am Land, wo weniger Handymasten stehen, ist immerhin eine Annäherung auf zwei bis drei Kilometer möglich.

Wozu also eine zusätzliche Möglichkeit der Ortung? Steinmaurer versteht es nicht. Denn: „Der IMSI-Catcher ist für Zwecke der Ortung denkbar ungeeignet.“ Dafür kann man mit dem IMSI-Catcher etwas anderes machen: Nämlich Gespräche abhören. Voraussetzung dafür ist die Kenntnis der IMSI-Nummer und dass der Catcher sich in unmittelbarer Nähe des Handys befindet. Der Netzbetreiber bekommt von der Abhöraktion nichts mit, denn der Catcher gibt sich ihm gegenüber als normales Handy aus.

Für das Abhören von Handys fordern aber sowohl Mobilfunkbetreiber als auch Datenschützer unbedingt die Genehmigung durch einen Richter. Dass dies bei Gefahr im Verzug zu lange dauern würde, glaubt Steinmaurer nicht: „Die Journalrichter sind ohnehin dauernd im Einsatz.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.10.2007)

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