Nicht alle Abgeordneten wollen durchsichtig sein

APA
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Kontroverse Debatte über die vom Kanzler gewünschte Offenlegung der Nebeneinkünfte von Abgeordneten. Freiberufler zweifeln am häufigsten am Sinn von Listen.

Das Thema spaltet fast alle Parteien: Die von Kanzler Alfred Gusenbauer am Montag zunächst für seine Partei verordnete Offenlegung der Nebeneinkünfte von Parlamentariern löst offene und versteckte Gegenwehr aus.

Nur die grünen Abgeordneten haben Dienstag all ihre Nebenjobs detailliert auf den Tisch gelegt (siehe unter www.gruene.at). So verdient etwa Budgetsprecher Bruno Rossmann aus einer Teilzeitbeschäftigung bei der Arbeiterkammer 3.088 Euro brutto monatlich. Gesundheitssprecher Kurt Grünewald, ein Arzt, bekommt als Hochschullehrer an der Medizin-Uni Innsbruck 2.100 Euro monatlich zusätzlich zum Abgeordnetengehalt, das monatlich übrigens 8.024 Euro beträgt.

Die Initiative kam ursprünglich von Parlamentspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ). Sie verdient in ihrer Funktion doppelt so viel wie ein „einfacher“ Abgeordneter und mit 16.850 Euro fast so viel wie der Vizekanzler. Für sie gilt im Gegensatz zu den Abgeordneten eine Unvereinbarkeitsregel: Der Präsident darf keinem Zweitjob nachgehen.

In Prammers Partei macht man sich nun daran, Gusenbauers Anordnung umzusetzen – auch wenn sich hie und da Widerstand regt. Noch diese Woche wird in einer Klubsitzung das genaue Procedere festgelegt. Da geht es etwa um die Frage, ob Brutto- oder Nettogehälter aufgelistet werden, wie Freiberufler die Offenlegung handhaben und ob die Bekanntgabe monatlich oder jährlich erfolgt.

Während ein Teil der SPÖ-Abgeordneten „überhaupt kein Problem“ mit einer Offenlegung hat, verschleiert SPÖ-Justizsprecher und Rechtsanwalt Hannes Jarolim seine Zweifel mit der Forderung, dass dann alle Bürger wie in Schweden ihre Einkünfte offen legen müssten. Jarolim schieße übers Ziel hinaus, versuchte flugs SPÖ-Bundesgeschäftsführer Josef Kalina zu beruhigen. Eine Offenlegung aller Gehälter werde es nicht geben.

Skeptisch ist auch der Abgeordnete Kurt Eder (SPÖ), im Zivilberuf Angestellter bei der OMV. Damit werde es in Zukunft noch schwieriger, Volksvertreter zu finden, die einen normalen Job in der Wirtschaft haben. Und das sei eine schlechte Entwicklung. Aber auch Eder will die geforderte Transparenz nicht verweigern.

Bruchlinien in der ÖVP

In der ÖVP gibt es ebenfalls Bruchlinien: So hat sich Umweltminister Josef Pröll dafür, Klubobmann Wolfgang Schüssel aber gegen eine Offenlegung ausgesprochen. Ursprünglich hatten die sonst gar nicht einträchtigen Klubchefs von SPÖ und ÖVP, Josef Cap und Schüssel, mit Prammer ein eigenes Modell vereinbart: Abgeordnete veröffentlichen auf der Parlaments-Homepage ihre Auftraggeber, von denen sie mehr als 1123 Euro und 30 Cent pro Jahr bekommen. Nächste Woche ist das online, verspricht ÖVP-Klubdirektor Werner Zögernitz.

In der ÖVP betrachtet man des Kanzlers Vorpreschen einigermaßen erstaunt und auch skeptisch. Dass es wirklich eine Gesetzesänderung gibt, kann niemand so recht glauben. Eher wird eine freiwillige Offenlegung erwartet. Eine offene Breitseite kommt vom freiheitlichen Abgeordneten und Anwalt Peter Fichtenbauer. Er halte das Vorpreschen des Kanzlers für einen „unreflektierten Populismus“, womit er – ohne die Anwaltsordnung zu kennen – eine Art politisches „Sado-Maso-Szenario“ heraufbeschwöre. Höchste Anwaltspflicht gegenüber Klienten sei nämlich „Verschwiegenheit, Verschwiegenheit, Verschwiegenheit“. Er, Fichtenbauer, denke daher nicht im Entferntesten daran, seine Auftraggeber plus deren Honorare aufzulisten.

Seine eigene Partei bejubelt die Debatte jedoch. FPÖ-Mandatar Martin Graf meint, seine Partei sei bei der Offenlegung von Politikerbezügen „federführend“ gewesen.

Der Vorsitzende des Datenschutzrates, Harald Wögerbauer, warnt hingegen vor einer undifferenzierten Durchbrechung der Grundrechte auf Datenschutz. Allerdings ist Wögerbauer als stellvertretender Klubdirektor selbst Teil der ÖVP. Meinung Seite 37

AUF EINEN BLICK

Was verdienen Abgeordnete neben ihrem monatlichen Bezug von 8.024 Euro und von wem? Der Kanzler empfiehlt Offenlegung. Die ÖVP will aber nur die Namen von Auftraggebern veröffentlichen. Auch in der SPÖ sind nicht alle glücklich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.11.2007)

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