Wahlrecht: Auch Verfassungsexperten für Reform

Wahlrecht: Verfassungsexperten drängen auf Reform
Wahlrecht: Verfassungsexperten drängen auf ReformVerfassungsrechtler Bernd-Christian Funk (c) Die Presse (Michaela Bruckberger)
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Die derzeitige Rechtsordnung schaffe "keine Sicherheit", derzeit sei es "einfach, Betrügereien durchzuführen", analysiert Verfassungsrechtler Funk. Sein Kollege Mayer spricht sich für Neuwahlen im Burgenland aus.

Im Zusammenhang mit dem Geständnis eines burgenländischen Bürgermeisters über Manipulationen bei Wahlkarten drängen Verfassungsexperten auf eine Reform des Wahlrechts. Die derzeitige Rechtsordnung schaffe "keine hinreichende Sicherheit", kritisierte Bernd-Christian Funk am Freitag. Wie sein Kollege Heinz Mayer plädiert er für Neuwahlen im Burgenland. Theo Öhlinger meinte, man solle etwa überlegen, die Frist für die Anfechtung einer Wahl auszudehnen.

Der Antrag auf eine Wahlkarte müsse vom Wahlberechtigten selbst gestellt und die Wahlkarte auch selbst ausgefüllt werden, erklärte Funk, stellvertretend durch andere sei dies rechtlich nicht zulässig. Der Verfassungsrechtler plädiert auf Nachfrage dafür, den Zugang zu Wahlkarten zu verschärfen, denn derzeit sei es "verhältnismäßig einfach, Betrügereien durchzuführen". Für Funk geht es dabei vor allem um den Nachweis der Identität gegenüber der Wahlbehörde. Bei derartigen Verschärfungen werde allerdings der Zweck der Erleichterung des Wählens infrage gestellt, gab Funk zu bedenken.

Problematische Briefwahl

Darauf weist auch Öhlinger hin: "Man kann hier nur Kompromisse finden." Öhlinger hält die Briefwahl für eine "nicht unproblematische Sache", da die Geheimheit der Wahl nicht gewährleistet ist. Im aktuellen Fall im Burgenland gibt es keine Möglichkeit, die Landtagswahl vom 30. Mai anzufechten, weil die vierwöchige Frist dazu längst abgelaufen ist. Diese Fristsetzung basiere auf dem System der Wahl im Wahllokal, mit der Briefwahl sehe man nun, dass es Probleme geben könne, die erst später bekanntwerden, so Öhlinger. Man sollte überlegen, die Frist auszudehnen - eine Anfechtung werde man dann wohl während der gesamten Legislaturperiode ermöglichen müssen, meinte der Experte auf eine entsprechende Frage.

Funk hält dies nicht für sinnvoll, er spricht sich dafür aus, die Regelungen zu den Wahlkarten an sich zu verbessern. Er fordert, dass Wahlkarten bis zum Wahltag eingelangt sein sollen beziehungsweise als Ausnahme ein Poststempel vor Wahlschluss gilt, auch im Hinblick auf "taktisches" Wählen. Öhlinger will hier ebenfalls eine Reform, für ihn ist jede Frist, die länger als einen Tag nach der Wahl dauert, "falsch". Die strafrechtlichen Konsequenzen für Wahlfälschung halten beide Experten für ausreichend. Ein Abschaffen der Briefwahl sei politisch nicht durchsetzbar, glaubt Öhlinger, man könne sie nur verbessern, wiewohl sie nie absolut sicher sein werde. Dem stimmt auch Funk zu.

Mayer fordert Neuwahlen

Der Verfassungsrechtler Heinz Mayer forderte in der ZiB 2 Donnerstagabend im ORF ebenfalls eine Reform des Wahlrechts. Er ortete im aktuellen Fall vor allem ein demokratiepolitisches Problem und plädierte für Neuwahlen. "Im Sinne der Erhaltung der Autorität der Demokratie" wäre dies auch für Funk "dringend notwendig", "das Ansehen der Legislative hat Schaden genommen". Öhlinger hält es für einen "Skandal", dass der Bürgermeister nicht sofort sein Amt niederlegt, es handle sich um ein "demokratiepolitisch schweres Vergehen".

(APA)

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