Schwenk: Fekter feuert Wiens Fremdenpolizei-Chef

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Innenministerin Fekter zieht Konsequenzen aus der Abschiebungspanne: "Fehler in der Führung" bei Polizeieinsatz gegen Achtjährige. Alle Fälle mit Kindern sollen künftig vor den Menschenrechtsbeirat.

[WIEN] Innenministerin Maria Fekter reagiert nun mit einem deutlichen Schwenk auf die harte Kritik an der jüngsten Abschiebung zweier kosovarischen Mädchen. Die Zwillinge wurden vor zwei Wochen gemeinsam mit ihrem Vater abgeschoben, obwohl ihre Mutter in Wien im Spital in stationärer Behandlung war.

Fekter meint gegenüber der „Presse“ über den Einsatz, bei dem die Kinder und der Vater in der Nacht von der Cobra abgeholt wurden: „Der Fall wurde evaluiert. Er ist nicht optimal gelaufen. So dürfen Einsätze nicht ablaufen. Hier wurden im Vorfeld Fehler in der Planung gemacht, aber nicht bei den Beamten im Einsatz, sondern bei der Führung!“ Daher werde der Chef der Wiener Fremdenpolizei mit sofortiger Wirkung abgelöst.

Der betroffene Stefan Stortecky wurde am späten Freitagnachmittag davon informiert. Ihm folgt nun Andrea Jelinek, die bisher als Stadthauptfrau des Polizeikommissariats Landstraße fungierte.

ÖVP-Innenministerin Maria Fekter will darüber hinaus sicherstellen, dass Abschiebungen von Familien mit Kindern künftig „sensibler“ durchgeführt werden. Daher wird ein eigener sogenannter Beamten-Pool eingerichtet, um „noch sensibler mit besonders geschulten Beamten vorgehen“ zu können, wie sich Fekter ausdrückt. Soll heißen:  In der Polizei werden nun verzweifelt Beamte gesucht, die psychologische Schulungen vorweisen können oder schon Erfahrungen mit vergleichbaren Situationen haben. Diese sollen dann notwendige Abschiebungen durchführen.

Vorsichtig formuliert Fekter auch, dass es in Zukunft generell weniger solcher Fälle geben könnte: „In Zukunft werden alle drohenden Abschiebungen von Familien nochmals im Innenministerium gemeinsam mit dem Menschenrechtsbeirat geprüft.“ In diesem Beirat des Ressorts sitzen neben Rechtsexperten wie dem Vorsitzenden Gerhart Klaus Wielinger und Polizisten wie dem Generaldirektor für die Öffentliche Sicherheit, Herbert Anderl, auch zahlreiche Vertreter von sozialen und karitativen Organisationen wie der Caritas, unter ihnen ist etwa auch Martin Schenk von der Diakonie Österreich. Ob und inwiefern die Empfehlungen des Beirats in diesen Fragen verbindlich sind, ist aber noch nicht klar.

Eigentliche Aufgabe des Menschenrechtsbeirates ist „die Beratung des Bundesministers für Inneres in Fragen der Wahrung der Menschenrechte sowie die Beobachtung und begleitende Überprüfung der Vollziehung in Bereich des Innenressorts“.

Innenministerin Fekter will in den kommenden Wochen zudem einen Asyl-Dialog veranstalten: „Ich lade zu einem breiten Dialog aller relevanten Experten aus Wissenschaft, Praxis und dem Bereich der NGOs, um dieses Thema umfassend zu diskutieren.“ Dabei werde es keine Tabus gehen, versichert Maria Fekter. Es könne etwa durchaus auch die Frage einer möglichen „Amnestierung“ aller Familien, denen die Abschiebung droht und die aber schon im Land sind, diskutiert werden. Auch wenn sie einer solchen kritisch gegenübersteht.

("Die Presse" Printausgabe vom 16. 10. 2010)

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