Israel: Premier Olmert unter Korruptionsverdacht

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Der israelische Premier Ehud Olmert soll als Jerusalemer Bürgermeister "bedeutende Summen" Schmiergeld von einem US-Geschäftsmann erhalten haben. Olmert spricht von Parteispenden.

Der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert steht nun offiziell unter Korruptionsverdacht. Wie das Justizministerium in Jerusalem mitteilte, erhielt Olmert, als er Bürgermeister von Jerusalem (1993-2003) sowie Industrie- und Handelsminister (2003-2005) war, von einem US-Geschäftsmann "ungenehmigt" über einen langen Zeitraum "bedeutende Summen". Bei einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz in Jerusalem gab der Regierungschef am späten Abend zu, Spenden für seinen Wahlkampf empfangen zu haben. Er habe jedoch niemals Schmiergelder kassiert. Olmert kündigte an, er werde zurücktreten, falls Anklage gegen ihn erhoben wird.Er habe in seiner Zeit als Bürgermeister von Jerusalem Geld des New Yorker Geschäftsmannes Morris Talansky angenommen, sagte Olmert im israelischen Fernsehen. Es habe sich dabei jedoch um Spendengelder gehandelt, mit denen seine Kampagnen zur Wiederwahl als Bürgermeister und Chef der Likud-Partei finanziert worden seien. "Ich habe niemals Bestechungsgelder angenommen. Nie habe ich auch nur einen Cent für mich verwendet."

Mehrere hunderttausend Dollar

Olmerts Stellungnahme fiel auf den 60. Jahrestag der Gründung Israels. Nur wenige Minuten vor der Fernsehansprache hatte die Polizei gegenüber den Medien Einzelheiten über die Ermittlungen gegen Olmert preisgegeben. In einer Stellungnahme hieß es, der Ministerpräsident werde verdächtigt, von einem oder mehreren Ausländern große Geldsummen über einen längeren Zeitraum erhalten zu haben. Ein Polizeisprecher gab Talansky als wichtigen Zeugen an, ebenso Olmerts langjährige Büroleiterin Shula Saken und den Anwalt Uri Messer. Nach Angaben aus Justizkreisen beläuft sich die fragliche Summe auf mehrere hunderttausend Dollar.

Ein Gericht in Tel Aviv hatte am Donnerstagabend eine seit Dienstag geltende Nachrichtensperre über die neuen Korruptionsvorwürfe gegen Olmert aufgehoben. Der Regierungschef war bereits vor einer Woche von der Polizei zu den neuen Vorwürfen befragt worden. US-Medien hatten dann Details zu den Ermittlungen veröffentlicht, darunter den Namen des in Israel lebenden US-Geschäftsmannes. Entsprechende Veröffentlichungen in Israel waren bisher verboten.

Austritt aus Regierung

Drei Mitglieder einer Koalitionspartei Olmerts, der Rentnerpartei, hatten diese Woche angesichts der neuen Vorwürfe ihren Austritt aus der Regierung erklärt. In israelischen Medien wurde auch über einen Rücktritt des Regierungschefs spekuliert. Auch die Opposition läuft Sturm - Gideon Saar von der Likud-Partei erklärte am Freitag, Olmert habe das Amt des Ministerpräsidenten nicht länger verdient. Er konzentriere sich derzeit nicht auf Staatsangelegenheiten, sagte Saar im israelischen Rundfunk. Auch aus der Koalitionspartei Olmerts, der Arbeiterpartei, kommen ähnliche Töne: Deren Abgeordnete Shelly Jacimovic erklärte, ihre Partei könne nicht länger in einem Regierungsbündnis bleiben, "das derart von Korruption befleckt ist". Ein Austritt der Arbeiterpartei aus der Koalitionsbündnis könnte die Regierung Olmerts zu Fall bringen.

Gegen Olmert laufen Ermittlungen in drei weiteren Korruptionsfällen. Eine strafrechtliche Untersuchung soll klären, ob der 62-Jährige während seiner Amtszeit als Handels- und Industrieminister Günstlingen zu höheren Ämtern verholfen und für die bevorzugte Behandlung eines Freundes und ehemaligen Geschäftspartners durch die Investitionsabteilung seines Ministeriums gesorgt hat. Der dritte Fall betraf den Kauf eines Hauses in einem noblen Wohnviertel in Jerusalem für einen ungewöhnlich niedrigen Kaufpreis. Ende 2007 hatte die Staatsanwaltschaft aus Mangel an Beweisen auf eine Korruptionsanklage gegen den Regierungschef im Zusammenhang mit der Privatisierung einer Staatsbank verzichtet.

Olmert, der vor wenigen Monaten an Krebs erkrankt ist, gilt schon lange als angeschlagen. Ein baldiger Frieden mit den Palästinensern gilt wegen seiner schwachen Position als unwahrscheinlich.

(APA)

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