Das Zappeln der Beute verrät der Venusfliegenfalle ihre Größe. Danach bemisst sie die Produktion des Verdauungssafts.
Wissenschaft

Pflanzen auf der Pirsch

Die Raffinesse, mit der fleischfressende Flora hinter Futter her ist, zeigt immer neue Facetten. Selbst der Wert der Beute wird taxiert.

Wer hinter Tieren her ist, als Jäger oder Fallensteller, hält nach lohnender Beute Ausschau und sorgt zugleich dafür, dass er selbst und sein Gerät möglichst unauffällig bleiben. Beides ist nicht banal, vor allem nicht für die, denen man lang weder Jagen noch Fallenstellen zutraute, sondern nur die andere Rolle, die des Gefressenwerdens: „Allen Tieren des Feldes, allen Vögeln des Himmels (. . .) gebe ich alle grünen Pflanzen zur Nahrung.“

So steht es in der Schrift (Genesis 1, 90), und weil er so tief wie vom Augenschein unbelehrbar an sie glaubte, wies Linné, der Systematisierer der Natur, 1786 als Blasphemie zurück, was ihm der Botaniker John Ellis geschickt hatte, eine fleischfressende Pflanze, die er beschrieben und Dionaea muscipula genannt hatte, „Mausefalle der Dione“, das war die Mutter der Venus. Linné blieb dabei: Pflanzen können nicht hinter Tieren her sein, der Schöpfer hat es nicht gewollt!

Manche tun es doch, mindestens 385 Arten sind auf der Pirsch und haben damit karge Habitate wie Moore erschlossen, mit solcher List und solchem Bedacht, dass Darwin, der als Erster die fleischfressenden Pflanzen systematisch erkundete und auch in diesem Punkt die Bibel korrigierte, darüber nachsann, ob Pflanzen etwas Analoges zu Nerven und gar dem Gehirn von Tieren haben: Viele Fleischfresser sind Kannenpflanzen, bei denen zu Kelchen geformte Blätter mit Farbe locken und mit Nektar. Wer sich dort niederlässt, findet keinen Halt, sondern rutscht hinab in einen sauren Saft – ph–Wert 3 –, der erst ertränkt und dann verdaut. Die eingesetzten Enzyme gestatten einen Blick auf die Entwicklung dieser Lebensweise, sie stammen von Proteinen, die der Verteidigung gegen Fraßfeinde dienten und umgebaut wurden zu Chitinasen, die die Außenskelette der Beute zersetzen, und Phosphatasen, die den namengebenden Nährstoff extrahieren.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.