Visuelle Kultur

Nationale Identitäten, die durch den Magen gehen

Die Vermarktung von Nahrungsmitteln im ehemaligen Jugoslawien zeigt, wie mit Essgewohnheiten Stimmung für oder gegen einen multikulturellen Gemeinschaftsstaat gemacht wurde.
Die Vermarktung von Nahrungsmitteln im ehemaligen Jugoslawien zeigt, wie mit Essgewohnheiten Stimmung für oder gegen einen multikulturellen Gemeinschaftsstaat gemacht wurde.IMAGO / Jochen Tack
  • Drucken

Verbindendes Mineralwasser und kriegerische Schokolade – die unterschiedliche Vermarktung von Nahrungsmitteln im ehemaligen Jugoslawien zeigt, wie mit Essgewohnheiten Stimmung für oder gegen einen multikulturellen Gemeinschaftsstaat gemacht wurde.

Dalmatischer Schinken mit Oliven, Schmorbraten und Pasta – das servierte der kroatische Präsident Franjo Tudjman im Frühjahr 1991 den Führern der Teilrepubliken Jugoslawiens bei einem Treffen wenige Tage vor Kriegsausbruch in Split. Das mit kroatischen Nationalgerichten gedeckte Bankett war das Gegenteil etwa serbischer Geschmäcker – und hatte entsprechenden Symbolcharakter.

Solche und ähnliche Anekdoten rund ums staatsmännische Essen gibt Branko Trbović, „Vorkoster“ des ehemaligen jugoslawischen Oberhauptes Josip Broz Tito, im Dokumentarfilm „Cooking History“ von Peter Kerekes preis. Die Erzählungen sind von kulturwissenschaftlichem Wert. „Sie geben einen lebendigen Einblick in den gesellschaftspolitischen Umbruch der 1990er-Jahre und die schleichenden Nationalisierungsprozesse auch innerhalb der jugoslawischen Küche“, sagt Klaudija Sabo von der Universität Klagenfurt. Ab Ende der 1980er-Jahren sei die Speisenauswahl bei den Banketten der Führungsfiguren der sechs Teilrepubliken demnach einem immer nationaleren Kurs gefolgt.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.