Bauarbeiter: Abrechnung unnötig kompliziert

Die Sonderstellung der Bauarbeiter schafft auch bei der Abgrenzung zu benachbarten Gewerken Probleme.
Die Sonderstellung der Bauarbeiter schafft auch bei der Abgrenzung zu benachbarten Gewerken Probleme.(c) Clemens Fabry
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Die Sonderstellung von Bauarbeitern in der Lohnverrechnung abzuschaffen ist ein Gebot der Stunde.

Wien. Das Finanzministerium hat die Steuerberater aufgefordert, sinnvolle Vorschläge zur Vereinfachung der Lohnverrechnung bekannt zu geben. Folgende Vereinfachung ist aus meiner Sicht ins Auge springend und vordringlich.

Die Bauarbeiter-Urlaubskasse wurde 1946 errichtet, um Bauarbeitern zu ermöglichen, trotz Unterbrechungen der Arbeitsverhältnisse und Wechsels des Dienstgebers den Anspruch auf einen Urlaub zu erwerben und zu konsumieren. Die Motive, die zur Errichtung der Bauarbeiter-Urlaubskasse geführt haben, sind durch die Entwicklung des Urlaubsrechts für alle Arbeiter obsolet geworden. Bereits im Arbeiterurlaubsgesetz 1959 wurde das Urlaubsrecht für Arbeiter vereinheitlicht und weitgehend an das Urlaubsrecht der Angestellten angenähert. Trotzdem ist die traditionelle Sonderstellung der Bauarbeiter im Urlaubsrecht nicht nur beibehalten, sondern sogar durch die Implementierung einer eigenen Bauarbeiter-Abfertigungskasse ausgeweitet worden. Diese Sonderstellung ist allerdings heute nicht mehr sachlich begründbar. Es spricht nichts dagegen, die Bauarbeiter nach den allgemeinen arbeitsrechtlichen Bestimmungen wie alle anderen Arbeiter zu behandeln. Daher ist eine Abschaffung der Sonderstellung der Bauarbeiter ein Gebot der Stunde. Für die Abschaffung des BUAG (Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz – zu unterscheiden von der zugehörigen Kasse, BUAK) sprechen mehrere Argumente.

Spezialwissen erforderlich

In der Praxis der Lohnverrechnung ist die Abrechnung von Bauarbeitern durch die Sonderregelung des BUAG besonders erschwert und erfordert enormes Spezialwissen. Daher ist die Baulohnverrechnung auch erheblich teurer als eine herkömmliche Lohnverrechnung.

Hohe Verwaltungskosten

Der Bauunternehmer wird nicht nur durch die teurere Lohnverrechnung über Gebühr belastet. Er trägt über den BUAK-Zuschlag zum Bruttolohn des Bauarbeiters nicht nur die Kosten für Urlaubszuschuss und Urlaubsentgelt des jeweiligen Bauarbeiters, sondern auch den Aufwand an Verwaltungskosten der BUAK. Der Mehraufwand durch BUAK-Zuschläge beträgt derzeit rund 14 Prozent (!) der Bruttolohnsumme der Bauarbeiter.

Unnützer IESG-Beitrag

Aber nicht nur die Verwaltungskosten der BUAK erhöhen den Aufwand des Bauunternehmers. Die Löhne der Bauarbeiter sind in voller Höhe beitragspflichtig nach dem Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, obwohl ein insolvenzrechtlicher Anspruch von Bauarbeitern hinsichtlich des Urlaubszuschusses und des Urlaubsentgelts gar nicht entstehen kann. Denn dieser Anspruch des Bauarbeiters richtet sich auch im Fall der Insolvenz des Dienstgebers stets gegen die BUAK. Den Schaden durch den insolvenzbedingten Ausfall von BUAK-Zuschlägen tragen aber die anderen – nicht insolventen – Bauunternehmen im Wege eines erhöhten BUAK-Zuschlags.

Große Rechtsunsicherheit

In der Praxis besteht oft große Rechtsunsicherheit über die Beitragspflicht einzelner Arbeiter von Bauunternehmen oder angrenzender Gewerke (z. B. Fliesenleger, Zimmerer, Steinmetz). Das gipfelt oft darin, dass Arbeiter nicht bei der BUAK gemeldet werden, weil strittig ist, ob sie unter die Beitragspflicht fallen. Dies betrifft oft Reinigungskräfte oder Maler. Wenn nun in der Folge im Rahmen einer BUAK-Prüfung die Beitragspflicht rückwirkend festgestellt wird, muss der Dienstgeber zwar die Zuschläge für abgelaufene Zeiträume abführen, kann aber vom Dienstnehmer weder den ausgezahlten Urlaubszuschuss noch das ausgezahlte Urlaubsentgelt zurückfordern, weil dieser diese Entgeltteile ja gutgläubig konsumiert hat. Daher tritt beim Dienstgeber in einem solchen Fall eine massive Doppelbelastung ein.

Ausländische Überlasser

Die Umsetzung der BUAK-Zuschlagspflicht für ausländische Überlasser von Arbeitskräften ist zudem administrativ höchst schwierig und findet in vielen Fällen gar nicht statt.

Zusammengefasst spricht nichts für die Beibehaltung des BUAG, aber enorm viel für dessen sofortige Abschaffung. Im Regierungsprogramm finden sich Absichtserklärungen zur Vereinfachung der Lohnverrechnung, zur Übertragung der Agenden der Arbeitsmarktkontrolle von der BUAK zur Finanzpolizei sowie zur Zusammenfassung der Lohnabgabenprüfer beim Finanzamt. Die Regierungsvorlage zur Zusammenfassung der Lohnabgabenprüfer beim Finanzamt liegt gerade im Parlament zur Beschlussfassung.

Zielführend wäre es, durch die Abschaffung des BUAG gleich zwei vereinbarte Maßnahmen des Regierungsprogramms auf einen Schlag zu erledigen: massive Vereinfachung der Lohnverrechnung von Bauarbeitern und angrenzender Gewerke sowie Konzentration der Agenden der Arbeitsmarktkontrolle bei der Finanzpolizei. Vor dem Hintergrund der erst vor rund einem Jahr beschlossenen Gleichstellung der Rechte von Arbeitern und Angestellten ist es wohl sogar sachwidrig, die heute unerklärliche Sonderstellung von Bauarbeitern aufrechtzuerhalten.


Prof. Dr. Thomas Keppert ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater und Mitglied des Fachsenats Steuerrecht der Kammer der Wirtschaftstreuhänder.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.12.2018)

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