Drohungen im AMS-Kurs: Kein Leistungsverlust

Aggressives Verhalten in AMS-Kursen sei den Trainern bis zu einem gewissen Grad zumutbar,
Aggressives Verhalten in AMS-Kursen sei den Trainern bis zu einem gewissen Grad zumutbar,(c) Clemens Fabry
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Aggressives Verhalten sei Trainern bei AMS-Kursen bis zu einem gewissen Grad zumutbar und nicht zwangsläufig ein Grund für Sanktionen, entschied das Bundesverwaltungsgericht. Die Empörung ist groß.

Wien. Wann kann überhaupt das Arbeitslosengeld gesperrt werden? Eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) dazu ließ am Mittwoch die Wogen hochgehen. Ein Mann hatte einen AMS-Kurs mit Drohungen gestört, weshalb er ausgeschlossen und ihm der Bezug des Arbeitslosengelds für eine Zeit gestrichen wurde. Dagegen legte er Beschwerde ein und bekam recht: Aggressives Verhalten in AMS-Kursen sei den Trainern bis zu einem gewissen Grad zumutbar und nicht zwangsläufig ein Grund für Sanktionen, entschied das BVwG.

Durch das Verhalten des Mannes hatten sich andere Kursteilnehmer bedroht gefühlt. Dennoch befand das BVwG, der Ausschluss scheine „eine übereilte Entscheidung der Clearingtrainerinnen gewesen zu sein“. Es sei davon auszugehen, „dass die Trainerinnen mit solchen Personen umzugehen vermögen, zumal der Beschwerdeführer sicher nicht der Erste war, der sich unangemessen verhalten hat“. Der Mann habe sich schnell wieder beruhigt, „einer Weiterführung des Kurses stand somit nach Ansicht des erkennenden Senats nichts entgegen“. Nach Ansicht des BVwG hätte zumindest versucht werden müssen, den Mann „wieder in die Gruppe zu integrieren“.

AMS-Chef will Urteil prüfen

Die Aufregung über den Richterspruch war groß, so sprach der Obmann des FPÖ-Landtagsklubs Oberösterreich, Herwig Mahr, von einer „katastrophalen Signalwirkung“, aggressives Verhalten werde damit „mehr oder weniger ,legalisiert‘“. Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) nannte das Urteil „erschütternd“ und „unverständlich“.

AMS-Vorstand Johannes Kopf kündigte an, man werde das BVwG-Erkenntnis „im Detail prüfen“. Via Facebook plädierte er für eine differenzierte Sichtweise: „Da sozial abweichendes bzw. aggressives Verhalten, aber auch gewisse psychische Krankheitsbilder oft mit Jobverlust einhergehen“ und Arbeitslosigkeit „nicht nur zu Existenzängsten, sondern auch dem Gefühl von Hilflosigkeit führen kann“, sei die tägliche Arbeit in den AMS-Geschäftsstellen, aber auch in unseren Schulungs- und Beratungseinrichtungen „immer wieder auch psychisch sehr herausfordernd“.

Trainer müssten „schwierige, gelegentlich als bedrohlich empfundene Situationen“ meistern oder „verzweifelten Menschen wieder Hoffnung“ machen, schrieb Kopf. Zur Unterstützung würden das AMS und die externen Bildungsträger, bei denen die Trainer angestellt sind, viel in „Maßnahmen wie Mitarbeiterschulungen zu deeskalierender Gesprächsführung“, aber auch in „organisatorische, bauliche und sonstige Sicherheitsmaßnahmen“ investieren.

„Aggressives Verhalten oder Bedrohungen von Trainern, Mitarbeitern oder Kursteilnehmern haben wir nie toleriert und werden wir auch weiterhin nicht tolerieren“, erklärte indes Franz-Josef Lackinger, Wien-Geschäftsführer des Bildungsinstituts BFI, in einer Aussendung. Personen, die aggressives Verhalten an den Tag legen oder andere Menschen bedrohen, werde man weiterhin „vom Unterricht ausschließen und mit einem Hausverbot belegen“. (APA/cka)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.01.2019)

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