Luxusparfums: Eine gepfefferte Verbindung

(c) Carolina Frank
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Gewürze verleihen besonders edlen Parfums ihren exquisiten Charakter.

Wahre Gaumenfreuden erlebt, wer sich in der wunderbaren Duftbibliothek in Versailles, der Osmothèque, von den Experten dieser Institution eines der ältesten überlieferten Parfums präsentieren lässt: Nach einer Rezeptur, die angeblich von Plinius dem Älteren festgehalten wurde, haben die kundigen Parfum-Bibliothekare einen Duft aus der Antike rekonstruiert, der die Inhaltsstoffe eines Festmahls enthalten sollte. Zimt und Gewürznelken dominieren, als Lösungsmittel verwendete man süffigen Rotwein. Während sich die Alten Römer also mit etwas parfümierten, das nicht nur vage an Glühwein erinnert, wurde in der Folgezeit die Liaison zwischen kostbaren Gewürzen und edlen Düften etwas raffinierter.

Auch die Ära der modernen Parfumerie nämlich – und für diese soll das Zusammenspiel aus natürlichen und synthetischen Inhaltsstoffen als charakteristisch gelten – wurde von einer würzigen Innovation eingeläutet: Aimé Guerlain entwarf 1889 „Jicky“ als weichen Unisexduft, dessen „Guerlinade“-Akkord charakteristisch für die Pariser Luxusmarke wurde und in dem erstmals künstliches Vanillin neben einer ebenfalls synthetischen Kumarin-Variante (Kumarin ist der aus der süßlichen Tonkabohne extrahierte Riechstoff) zum Einsatz kam. Der mutige Schritt, Vanillin in einer Parfumkomposition zu verwenden, sicherte Aimé Guerlain seinen Rang in der Geschichte der modernen Parfumerie und machte „Jicky“ zum Klassiker.

Würzige Nische. Darum, überraschende Effekte zu e­rzielen oder die Vorstellung von etwas besonders Kostbarem zu vermitteln, geht es in der Haute Parfumerie oft genug. Ein (impliziter, da olfaktorisch angelegter) Verweis auf die Assoziationskette, die Gewürze mit Kostbarkeit verbindet, soll häufig außerdem den edlen Charakter von Duftkompositionen unterstreichen. So verwundert es kaum, dass sich besonders in den Nischen- und Luxuskollektionen der Parfumhäuser einige der würzigsten Schatzkästchen verbergen.

Eine der schönsten Gourmand-Kreationen überhaupt – und das wohlgemerkt inmitten der heute fast grenzenlosen Begeisterung für süßliche, zum Anbeißen gemachte Leckereien geruchlicher Art – ist etwa „Fève Délicieuse“ von François Demachy: Hier werden Tonkabohne und Vanille nicht zu einem klebrigen Dessert abgemischt, sondern lassen sich von herber Bergamotte zu etwas bestens Genießbarem bändigen.

Zum speziellen Charakter einer kandierten Rose tragen Vanille und wohl eine Prise Rosa Pfeffer hingegen in der exquisiten „Rôse Berberanza“-Komposition aus der „Les Grands Crus“-Kollektion von Lancôme bei. Es handelt sich hier um eine sehr opulente Würzrose, deren bekömmlichere, jedenfalls herbere Entsprechung man etwa in einem der „Private Blends“ von Tom Ford findet: In „Café Rose“ kommt als überraschende Ergänzung des floralen Charakters der in der Parfumerie gar nicht so gebräuchliche Inhaltsstoff Kaffee zum Einsatz. Die Kombination ist einzigartig gut, man ist beinah versucht, zu Hause das Wasser in der Blumenvase auch mit etwas Espresso aufzufrischen.

Ambrette und Ingwer. Für komplexe florale Kreationen, auch ohne Koffein, steht das Maison Chanel – besonders mit der von Jacques Polge begründeten Kollektion „Les Exclusifs“. Eine beachtenswerte Gewürzbeimischung gibt es etwa in „N° 18“ zu verzeichnen: Es handelt sich um eine kleine Fingerübung von Monsieur Polge mit dem Samen des Bisamstrauchs, in der Parfumerie als Ambrette wohlbekannt. Das süßlich-weiche Aroma ist charakteristisch für Gewürzmischungen in Indien und verleiht diesem Parfum einen eigenwilligen, doch sehr harmonischen Charakter.

Eine erfrischende Note zaubert wiederum ein wenig Basilikum in die Kopfnote von „Wicked Love“, einer in der Hauptsache floralen (und ein wenig süßlichen) Komposition aus der „Replica“-Kollektion von Maison Margiela. Ebenso überraschend ist der Effekt einer Beimengung von wärmendem Kardamom und Ingwer in eine klassische Cologne-Struktur: Das „Hot Cologne“ von Mugler, Teil der „Les Exceptions“-Edition, wartet darum mit einem kontrastierenden Zusammenspiel aus Wärme und Kühle auf.

Noch dominanter ist Ingwer in Christopher Sheldrakes „Five o'clock au gingembre“, für Serge Lutens 2008 kreiert – als geruchlicher Schnappschuss einer Einladung zum Nachmittagstee in einen feinen englischen Haushalt. Ingwer ist hier nämlich ausbalanciert von einer feinen Teenote, die verhindert, dass man sich in einer ayurvedischen Aromasitzung wähnt.

Orientalischer Schatz. Alle Schätze des Nahen Ostens soll indessen „Promise“ versammeln: Dieses Versprechen gibt Dominique Ropion auf Einladung von Parfumverleger Frédéric Malle ab, und durch diese reichhaltige Duftwolke wird wohl nur ohne Schwindelanfall fliegen, wer schon eine Aufwärmphase mit diversen Oudh- und Orientkompositionen hinter sich gebracht hat. Sündhaft erlesen (und auch kostspielig) ist „Promise“, das etwa mit Akkorden von Gewürznelke und Rosmarin besticht zwar, leichte Kost riecht aber anders.

Zugänglicher jedenfalls und ziemlich „straight“, vielleicht weil von einem in New York lebenden Schweden gemacht, jedoch nicht minder interessant ist „Black Citrus“ von Vilhelm Parfumerie. Dieser Nischenduft des charismatischen Jan Ahlgren bezieht seinen besonderen Charakter aus der Kombination erfrischender Zitrusnoten mit trockenem, knarzigem schwarzen Pfeffer. Nach dem Erfolg der nordischen Küche sind nun die Skandinavier auch in der Haute Parfumerie am Zug.

Info Produkte

Im Bild von links nach rechts:„Café Rose“ von Tom Ford, 50 ml um 200 Euro. „Wicked Love“ von Maison Margiela, 100 ml um 130 Euro. „N° 18“ aus der „Les Exclusifs“-­Kollektion von Chanel, 200 ml um 320 Euro. „Five O’Clock au Gingembre“ von Serge Lutens, 100 ml um 180 Euro. „Fève délicieuse“ aus
der „Collection Privée“ von Dior, 125 ml um 198 Euro. Rôses Berberanza“ aus der Haute-Parfumerie-Kollektion „Les Grands Crus“ von Lancôme,
100 ml um 197 Euro. „Black Citrus“ von Vilhelm Parfumerie, 100 ml um 210 Euro. „Promise“ von Dominique Ropion für Éditions de Parfum ­Frédéric Malle, 100 ml um 275 Euro. „Hot Cologne“ aus der „Les Exceptions“-Kollektion von Mugler, 80 ml um 170 Euro (nur bei Nägele & ­Strubell). „Jicky“ von Guerlain, 100 ml um 143 Euro.

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