Jagd auf das „Grüne Hendl“

Plage? Leguane ­bevölkern Florida.
Plage? Leguane ­bevölkern Florida.(c) imago/Westend61
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53 - Immer wichtiger wird auf dem Kontinent Amerika die Frage, wie man’s mit Grünen Leguanen hält.

In Puerto Rico gibt es mehr Grüne Leguane als Menschen – doch die Art „Iguana iguana“, deren Männchen zwei Meter lang werden können, ist nicht endemisch. Von staatlicher Seite engagieren sich Bürger bei der „natürlichen Geburtenkontrolle“, räumen die Eier aus den Erdhöhlen. Andere jagen und essen das vorgeschichtliche Tier. Sein helles Fleisch soll akzeptabel nach Geflügel schmecken. Sogar Amazon-Chef Jeff Bezos ließ sich jüngst shitstormgerecht beim Leguanmahl ablichten.

In Curaçao gehört Leguansuppe zur klassischen Küche, man nennt das Tier „grünes Hendl“, also halt das Hendl-Äquivalent auf Papiamentu, der lokalen Sprache, deren Name, nur nebenbei, nichts anderes als „Sprache“ bedeutet. Jene seltenen Leute auf der Karibikinsel, die sich nicht ausschließlich von Pizza, Burgern und Chips ernähren, kaufen ihre Exemplare für das Süppchen auf der Leguanfarm. Jagd in freier Wildbahn gilt als Drahtseilakt, denn sporadisch ist der Iguana iguana vom Aussterben bedroht, geschützt, danach entstehen Überpopulationen. Im US-Staat Florida vermehren sich Grüne Leguane explosionsartig. In Kältephasen wie im Jänner 2018 fallen sie frühmorgens wie Kastanien, allerdings halb tot, aus den Bäumen. Einige rappeln sich auf, zum Verdruss der Bewohner.

Sie pflegen auf sie zu schießen oder ihnen die Schädel einzuschlagen. Ein Problem ist ihre hohe Widerstandsfähigkeit und Zähigkeit. Karibische Jäger berichten, ihre Herzen schlügen noch beim Filetieren. Nun erhebt sich jedoch zunehmend Kritik. US-Tierschutzvereinigungen bestehen auf „humanen“ Tötungsmethoden, bei denen die Reptilien mit Bolzenschusspistolen zur Strecke gebracht werden, im Idealfall sogar durch geld- und zeitaufwendigere Sedierung und Einschläferung. Mir selbst begegneten die kleineren Verwandten der Grünen, nämlich die Gemeinen Schwarzleguane, in einem Hotel in Cancún, Mexiko. Mir imponierte ihre skeptische Abgeklärtheit angesichts meines Anblicks. Untertags lagen sie – wie die US-Gäste – faul am Pool, ganz ohne Schwimmambitionen. Neben vager Sympathie für das Urzeitliche verspürte ich ein gewisses Misstrauen, eine Fremdheit, doch keinerlei Appetit oder Mordgelüste.

www.amanshauser.at

Tipp

Neuerscheinung: Martin Amanshauser: „Die Amerikafalle, oder: Wie ich lernte, die Weltmacht zu lieben“, Kremayr & Scheriau, 2018.

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