Wie man mit Skulpturen lebt

Galeristin Lisa Kandlhofer in ihrem Garten – mit Skulpturen von Nana Mandl, Karl Karner und Jay Gard (von links).
Galeristin Lisa Kandlhofer in ihrem Garten – mit Skulpturen von Nana Mandl, Karl Karner und Jay Gard (von links).(c) Clemens Fabry
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In ihrem Garten in Klosterneuburg eröffnet Galeristin Lisa Kandlhofer zum zweiten Mal einen Skulpturengarten. Diesmal mit Schwerpunkt Frauen.

Man braucht etwas Schwung, um das alte grüne Gartentor aufzubekommen. Einige Stufen aus Waschbeton hinauf, vorbei an buschigen Sträuchern und gerade, als man sich fragt, ob man hier wohl richtig ist, entdeckt man die erste Skulptur: eine türkise Kugel, die die vierte Dimension symbolisiert, wenige Schritte weiter vorn steht schon die nächste Skulptur, gefertigt aus Markisen in ausgebleichten Orangetönen. „Das versteht nicht jeder“, sagt Lisa Kandlhofer. „Da wird oft gefragt: Soll das auch eine Skulptur sein?“

Hier, in ihrem Garten in einer Siedlung am Rande von Klosterneuburg, zu der man eine mit Bäumen gesäumte Straße hinauffährt, eröffnet die Galeristin am heutigen Samstag zum zweiten Mal einen Skulpturengarten. Bis Ende Oktober können sich Interessierte jeden Samstag- und Sonntagnachmittag hier kostenlos durchführen lassen. Ein bisschen ungewöhnlich sei das schon, sagt Kandlhofer dazu, dass ihr eigener Raum plötzlich zum öffentlichen wird. Aber andererseits sei das auch interessant. „Und meine Kinder haben das auch ganz gern.“

Rund 30 Skulpturen von nationalen und internationalen Künstlern stehen da auf dem Rasen, der sich, von Bäumen und Hecken unterbrochen, um das Haus zieht: eine Lichtskulptur von Brigitte Kowanz, eine lyrisch inspirierte von Nana Mandl, ein fünfeinhalb Meter hoher aluminiumfarbener Polster von Hans Kupelwieser, der im Vergleich zu der großen alten Silbertanne, an der er lehnt, gar nicht mehr so riesig aussieht. Die Skulpturen beim Eingang sind von Alina Kunitsyna und Adeline de Monseignat.

Dass hier viele Frauen dabei sind, ist kein Zufall: Kandlhofer, die vor fast zehn Jahren mit Mitte 20 ihre erste Galerie eröffnete und mittlerweile als Galeristin in der Brucknerstraße in Wien-Wieden sitzt, hat für den Skulpturengarten bewusst einen Schwerpunkt auf Künstlerinnen gelegt, gerade auf junge, aufstrebende. „Ich will Bildhauerinnen eine Bildfläche bieten“, sagt sie. Von den insgesamt 23 Künstlern, deren Werke hier im Garten stehen, sind rund 60 Prozent Frauen.

Der Garten als Inspiration

Die Idee zu dieser Freiluftskulpturenausstellung sei in Wirklichkeit aus dem Garten heraus entstanden, sagt Kandlhofer. Nach ein paar Jahren in Kärnten kehrte die gebürtige Grazerin vor drei Jahren nach Wien zurück, um hier ihre neuen Räumlichkeiten zu eröffnen − der jüngste größere Schritt der Galeristin (aber bestimmt nicht der letzte, ein Ziel ist etwa ein Standort im Ausland). Als sie vor eineinhalb Jahren das Haus in Klosterneuburg bezog, war da der große Garten. Und Kandlhofer, die früher schon am Wörthersee Skulpturenparks eingerichtet hatte, tat dies im Vorjahr erstmals dort, rund um das eigene Haus. Im Kleinen eben.

Dafür können sich die Besucher in ihrem Garten auch vorstellen, wie es ist, mit Skulpturen zu leben. „Die Leute haben manchmal Angst, wenn es um Bildhauerei geht, sie fragen sich: Wohin mit einer Skulptur?“, sagt die Galeristin, während sie von Kunstwerk zu Kunstwerk führt. Der Skulpturengarten, in dem nicht nur der riesige Aluminiumpolster am Baum lehnt, sondern wo etwa auch ein fleischfarbenes, pulsierendes Gebilde samt Sitzbank von Marie Munk neben dem Kräuterbeet steht, zeige: „Man kann's auch im Garten aufstellen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.09.2019)

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