Frühgeschichte

Tiermilch in Urzeit-Babyflascherln

Schon vor drei Jahrtausenden wurde Tiermilch verwendet wurde, um Babys zu füttern.
Schon vor drei Jahrtausenden wurde Tiermilch verwendet wurde, um Babys zu füttern.(c) imago/Panthermedia (Anna_Omelchenko)
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Schon vor 3000 Jahren wurden Babys mit Tiermilch gefüttert, haben Untersuchungen zum ersten Mal chemisch bewiesen: an Behältern aus Kindergräbern.

Drei Kinder waren es, bei ihrem Tod zwischen ein und sechs Jahre alt, in deren Gräbern im heutigen Bayern die Behälter gefunden wurden. Das war schon vor Jahren, doch nun liegt das Ergebnis chemischer Untersuchungen an diesen prähistorischen Sauggefäßen vor: In ihnen befand sich Milch von Wiederkäuern. Damit ist zum ersten Mal chemisch bewiesen, dass schon vor drei Jahrtausenden Tiermilch verwendet wurde, um Babys zu füttern oder um sie von der Muttermilch zu entwöhnen.

An dieser Entdeckung, in der jüngsten Ausgabe des Magazins „Nature“ veröffentlicht, sind Archäologen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) maßgeblich beteiligt. Sie haben sich Chemiker der Universität Bristol zu Hilfe geholt. Diese fanden chemische „Fingerabdrücke“ von Lipiden, die in die Keramik eingedrungen waren. Mithilfe der Isotopen der Milchfette konnten die Forscher auch bestimmen, dass die Milch von Wiederkäuern stammte. Und welchen Wiederkäuer? Das lässt sich nur vermuten. „Ziegenmilch ist der menschlichen Muttermilch am ähnlichsten und war relativ leicht verfügbar, da Schafe, Ziegen und Rinder zu den am weitesten verbreiteten Haustieren gehörten. Kuhmilch war weniger geeignet, da sie bei Babys zu Durchfällen und Verdauungsstörungen führt – das war auch damals schon bekannt“, sagt Katharina Rebay-Salisbury, Archäologin an der Österreichischen Akademie der Wissenschaft.

Saugflaschen seit Neolithikum

Auch aus der Antike weiß man, dass Babys mit tierischer Milch gefüttert wurden. Aus dem Hellenismus etwa sind ägyptische Verträge mit Ammen erhalten, in denen die Stillzeit auf sechs Monate festgelegt wird; danach sollte die Amme ihrem Schützling 18 Monate lang Tiermilch geben – von Kamelen, Ziegen, Schafen oder Kühen.

Babyfläschchen sind aber schon seit dem Neolithikum nachgewiesen. Die hier analysierten stammen aus der späten Bronzezeit und aus der Eisenzeit (1200 bis 600 v. Chr.) Eines lag im Gräberfeld Augsburg-Haunstetten 1, die anderen zwei fand man in Gräberfeldern im heutigen Dietfurt. Die Untersuchungen daran sind Teil eines Forschungsprojekts von Katharina Rebay-Salisbury, das vom Europäischen Forschungsrat gefördert wird: Sie untersucht, welche Rolle und welchen Status Mütter in prähistorischer Zeit hatten.

Vor allem Gräber und Grabbeigaben dienen der Archäologin dabei als Indizien. Babys und Kindern wurden auch Rasseln und Löffel mit hineingelegt. Rebay-Salisbury hat auch gemeinsam mit Kollegen Frauenskelette aus niederösterreichischen Gräberfeldern analysiert, die im Naturhistorischen Museum lagern. Dabei hat sie unter anderem herausgefunden, dass manche Frauen der Bronzezeit sieben bis acht Kinder bekamen – obwohl das weibliche Durchschnittsalter damals nur rund 30 Jahre betrug.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.09.2019)

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