Von den drei Gaben der Weisen aus dem Morgenland

Gold, Weihrauch und Myrrhe stehen heute nur mehr zwei hoch im Kurs.

Sagen Sie einmal: Was ist denn Myrrhe für ein Zeug?“, fragt die Mutter des Neugeborenen im Monty-Python-Film „Das Leben des Brian“ die drei Magier, die irrtümlich zu Besuch kamen. So manchem Zeitgenossen geht es wohl ähnlich wie der Filmfigur – dabei haben die meisten von uns schon mit Myrrhe Bekanntschaft gemacht, wenngleich meist unwissentlich. Das getrocknete Harz von Balsambaumgewächsen der Gattung Commiphora war in der Antike als duftender Bestandteil von Salböl und Balsam, als Räuchermittel und zum Einbalsamieren von Leichnamen gefragt, aber auch als entzündungshemmende und krampflösende Medizin. Als solche ist Myrrhe heute in Zahnpasten enthalten.

Ähnlich der Weihrauch: Es handelt sich um das erstarrte Harz von Weihrauchbäumen (Boswellia),die wie die Balsambäume in Ostafrika und Südarabien beheimatet sind. Schon die alten Ägypter nutzten die Substanz als Räuchermittel in Häusern und Tempeln sowie als Heilmittel zur Wundbehandlung oder gegen Verdauungsprobleme.

Es ist durchaus erstaunlich, dass es der Weihrauch in die Kirche geschafft hat. Denn im frühen Christentum war er verpönt: Weihrauch war u. a. Herrschaftszeichen der römischen Kaiser (denen stets ein Diener mit Weihrauchfass voranging). Als die Bischöfe dann staatliche Würdenträger wurden, übernahmen sie dieses Sitte – als Zeichen der Huldigung und wohl auch, um Gestank zu vertreiben; die Welt war früher weniger desodoriert als heute.

Weihrauch und Myrrhe waren (neben 50 weiteren Zutaten wie Opium oder pulverisierte Vipern) fixe Bestandteile des seit der Antike heiß begehrten „Universalheilmittels“ Theriak – dem eine Wirkung gegen viele Krankheiten und Gebrechen, selbst gegen Pest und Vergiftungen zugeschrieben wurde. Heute gehen in der Fachwelt die Meinungen über die medizinischen Qualitäten von Weihrauch und Myrrhe auseinander. Manche Bestandteile sind in der Tat entzündungshemmend. Therapeutische Wirkungen gegen Polyarthritis oder Krebs sind hingegen nicht belegbar. Und völlig falsch ist das vor 30 Jahren aufgekommene Gerücht, dass Weihrauch auch psychoaktive Substanzen enthalte.

Von den drei Huldigungsgaben der Weisen aus dem Morgenland stehen jedenfalls heute nur mehr zwei hoch im Kurs. Davon zeugt auch der Ausruf von Brians Mutter im Film: „Danke für das Gold und den Weihrauch. Aber dieses Myrrhe-Zeugs könnt ihr euch das nächste Mal in die Haare schmieren.“ Wofür duftendes Salböl ja einst auch verwendet wurde. ?


Der Autor leitete das Forschungsressort der „Presse“ und ist Chefredakteur des „Universum Magazins“.

meinung@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.12.2018)

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