Digitale Technologien

Wie sich digitale Technologien nutzen lassen, um die Welt nachhaltiger zu machen, zeigt ein eben bei der UNO präsentierter Bericht unter Federführung österreichischer Forscher.

Die Digitalisierung krempelt unser Leben und Wirtschaften radikal um. Themen wie Big Data, künstliche Intelligenz oder Internet of Things werden folglich in vielen Bereichen heiß diskutiert. Ein Sektor fehlt dabei aber weitgehend: der Umwelt- und Naturschutz. Weder in den Nachhaltigen Entwicklungszielen (SDG) der UNO noch im Pariser Weltklimavertrag spielen die neuen Technologien eine tragende Rolle. Eine offenkundige Fehlstelle, wie immer mehr Forscher bemängeln.

Dem wurde nun Abhilfe geschaffen: In der Vorwoche wurde bei der UNO in New York der 100 Seiten starke Bericht „The Digital Revolution and Sustainable Development: Opportunities and Challenges“ präsentiert – erstellt im Rahmen der Initiative The World in 2050 (www.twi2050.org) von 45 Autoren aus 20 Forschungseinrichtungen aus aller Welt unter Federführung des Instituts für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg. Darin werden systematisch die möglichen Anwendungen und Folgen digitaler Technologien in Sektoren wie Gesundheit, Bildung, Produktion, Energieerzeugung, Landwirtschaft, Natur- und Klimaschutz, Stadtplanung oder Architektur analysiert.

Dabei zeigt sich, dass die Digitalisierung nicht nur ein mächtiger Treiber der Entwicklung, sondern auch ein wertvolles Instrument zur Gestaltung eines „nachhaltigen Anthropozäns“ ist – etwa durch die Verbreiterung der Wissensbasis, durch eine effizientere Nutzung von Ressourcen oder durch ein besseres Management der Biodiversität.

Allerdings: „Die Mobilisierung des enormen Potenzials einer digitalen nachhaltigen Transformation ist kein automatischer Prozess“, heißt es in dem Bericht. Denn bisher sei die Digitalisierung eher ein Beschleuniger von wirtschaftlichen Prozessen gewesen, die weiterhin auf fossilen Energien und der Ausbeutung von Ressourcen beruhen. „Wenn die Digitalisierung nicht auf die Nachhaltigen Entwicklungsziele hin ausgerichtet wird, könnte sie die bestehenden Probleme sogar verstärken.“

Die Forscher fordern daher eine Trendumkehr hin zu einer „verantwortungsvollen Wissensgesellschaft“. Das umfasst Reformen in Ausbildung und Wissenschaft genauso wie die Modernisierung staatlicher Institutionen, das Eröffnen von Experimentierräumen und eine „global governance“ z. B. durch eine modernisierte UNO.

Dafür bleibt in den Augen der Experten nicht viel Zeit: Das Zeitfenster für die nötige Transformation sei nicht mehr lang offen, fürchten sie. ?


Der Autor leitete das Forschungsressort der „Presse“ und ist Chefredakteur des „Universum Magazins“.

meinung@diepresse.com

diepresse.com/wortderwoche

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.07.2019)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.