Sprachspaltereien

Frühling, still sitzend.

Sie habe leider keine Liftstation in ihrem Schlafzimmer, klagte dieser Tage eine Freundin – und die anwesende gesellige Runde stutzte. Bei der „Liftstation“ denkt man, zumal wenn eine Tirolerin am Wort ist, an Berge, Pisten, Skilifte. Im konkreten Fall muss man jedoch die Hintergründe kennen: Die Person, um die es geht, hatte vor Kurzem einen Bandscheibenvorfall, wurde operiert und ist seither schlecht auf den Beinen. Sie wohnt in einem Haus mit mehreren Stockwerken, mit hauseigenem Lift. Bloß in der Zwischenebene, wo das Schlafzimmer liegt, gibt es keine Station. Liftstation, eigentlich logisch. Im Berliner Zusammenhang jedoch sind nach so einer Aussage Lacher garantiert.

Ohnehin spricht man in Deutschland weniger vom Lift als vom Fahrstuhl oder Aufzug. Treppe heißt es hier, nicht Stiege, Stuhl, nicht Sessel. Genauer: Was wir in Österreich Sessel nennen, ist hier ein Stuhl, mit Sessel bezeichnen die Deutschen gemütlichere Sitzgelegenheiten wie Fauteuils. Was dann die Redakteurin der „Berliner Zeitung“ meint, wenn sie von „sesselartigen Stühlen“ schreibt, bleibt schleierhaft. „Ein Mittelding zwischen allem“? Mit dieser Formulierung beschrieb vor einiger Zeit ein österreichischer Regisseur seine jüngste Produktion. Sehr kreativ auch die frühlingshaften Anschriften in Berliner Cafés, etwa: „Still sitzend, nichts tuend kommt der Frühling.“ Stilblüten, die man am besten bei einer guten Tasse Kaffee genießt – in einem sesselartigen Stuhl sitzend.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.03.2011)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.