ÖFB-Team: Verloren in der eigenen Variabilität

Österreichs Team ging in Israel unter, die nächsten Spiele gegen Slowenien und Nordmazedonien werden zum Charaktertest.
Österreichs Team ging in Israel unter, die nächsten Spiele gegen Slowenien und Nordmazedonien werden zum Charaktertest.REUTERS
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Franco Foda hat es sich bei seiner Bestellung zum ÖFB-Teamchef zur Aufgabe gemacht, Österreich besonders variabel spielen zu lassen. Die Spieler wirken damit überfordert.

Haifa/Wien. Franco Foda steht nach eineinhalb Jahren im Amt vor seiner bislang größten Bewährungsprobe als Teamchef der österreichischen Nationalmannschaft. Nach dem kapitalen Fehlstart in die EM-Qualifikation mit null Punkten aus zwei Spielen arbeitet der Deutsche im Rahmen der nächsten beiden Partien gegen Slowenien (7. Juni, Klagenfurt) und Nordmazedonien (10. Juni) unter besonderer Beobachtung. Dem ÖFB-Team helfen wie Foda selbst nur noch Siege. Nach der Schmach von Haifa eine inhaltsreiche Analyse abzuliefern fiel dem 52-Jährigen auch am Tag danach schwer, er sagte: „Wir werden alles analysieren, Dinge hinterfragen und die richtigen Maßnahmen treffen, aber alles in Ruhe und ohne Populismus.“

Die von Foda angesprochenen Maßnahmen dürften sich auch auf die künftige Auswahl seiner Spieler beziehen. Unmittelbar nach dem 2:4 in Israel beklagte der Teamchef die mangelnde Einstellung seiner Elf, er ortete ein Mentalitätsproblem. „Ich bin seit eineinhalb Jahren im Amt und muss sagen, dass es in Sachen Einstellung und Leidenschaft bis Sonntag keine Probleme gegeben hat. Deshalb war das in Haifa etwas Außergewöhnliches. Das habe ich bei den Spielern so noch nie gesehen, das gilt es zu besprechen“, erklärte Foda, der dahingehend wohl auch bei sich selbst nach Fehlern wird suchen müssen. So verzichtete er etwa auf „Mentalitätsmonster“ Stefan Lainer, ließ aber den, abgesehen von seiner Vorarbeit zum 1:0, völlig farblosen Peter Zulj bis zur 85. Minute mitwirken.

Spieler wie der ehemalige Grazer und heutige Anderlecht-Profi Zulj, eigentlich ein erklärtes Liebkind von Ex-Sturm-Trainer Foda, dürften es in Zukunft schwer haben. Der 25-Jährige erinnerte Sonntagabend an eine Kopie von Marko Arnautović vergangener Tage: technisch beschlagen, aber ohne die richtige Einstellung. In der Stunde der sich abzeichnenden Niederlage ging Zulj wie viele seiner Kollegen unter. Was genau Foda nun ändern will, hat er am Montag nicht verraten. „Ich habe schon Ideen, doch es hat keinen Sinn, in der Öffentlichkeit darüber zu reden. Wir müssen ein paar Dinge verändern, um wieder in die Spur zu kommen.“

Wie will Österreich spielen?

Womöglich ist es unter anderem den Systemwechseln und der von Foda so gepriesenen Flexibilität im Spiel geschuldet, dass Österreich auch in Israel keine klare Spielidee erkennen ließ und Spieler in vielen Situationen überfordert gewirkt haben. Unter Marcel Koller wurde über Jahre das 4-2-3-1-System forciert, bis dieses in Fleisch und Blut übergegangen war und in der Qualifikation für die EM 2016 praktisch perfekt funktionierte. Irgendwann wurde auch Kollers Spielidee zu durchsichtig, Foda aber irritiert bisweilen mit zu vielen Ideen und Gedanken. Auch ein klarer Stamm hat sich bis heute nicht gefunden, genauso wenig lässt sich ein handfestes Spielkonzept ausmachen.

Foda, auch das ist Teil des Geschäfts, mimte am Montag den Optimisten. Er wird bis zum nächsten Lehrgang Anfang Juni mehrere Matchbeobachtungen vornehmen, möchte viele Gespräche mit seinen Spielern führen. Die EM-Qualifikation sei freilich noch nicht verloren, „es gibt noch acht Spiele zu absolvieren. Abgerechnet wird nach zehn Spielen.“

Das einzige nach zwei Spieltagen makellose Team in der Gruppe G ist Polen. Die Elf von Jerzy Brzęczek mühte sich in Warschau zu einem 2:0 gegen Lettland, die späten Tore erzielten Robert Lewandowski (76.) und Kamil Glik (84.). Slowenien und Nordmazedonien trennten sich 1:1, die Slowenen sind der nächste Gegner Österreichs. Am 23. März des Vorjahres hat die ÖFB-Elf ein Testspiel gegen Slowenien mit 3:0 gewonnen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.03.2019)

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